Der Weltacker

Der Weltacker

erschienen im Parents-Newsletter #29 (November 2023)

In Berlin ist ein spannendes Projekt entstanden, durch das Menschen ihre eigene Rolle in der globalen Landwirtschaft hautnah erleben können. Das Projekt „Weltacker“ beruht auf dem Gedanken, dass jedem Menschen rechnerisch 2000 m² Fläche zur Verfügung stünden, wenn wir die Ackerflächen gerecht auf alle verteilen würden. Rike Adam hat mit dem Weltacker-Team in Berlin Kontakt aufgenommen, um mehr zu erfahren.

Erntefest
Erntefest (Foto: Volker Gehrmann)

 

Welche Ziele verfolgt Ihr mit dem „Weltacker“ und wie funktioniert die Idee?

Wir wollen globale Herausforderungen auf ein menschliches Maß zurückführen und machen sie damit praktisch bearbeitbar. Denn zu "meinen" 2000 m² kann ich eine Beziehung aufbauen und dafür Verantwortung übernehmen. Dazu bauen wir in Berlin-Pankow die Ackerkulturen dieser Welt im gleichen Verhältnis an, wie sie auf den Feldern weltweit wachsen – die ganze Welt auf einem Acker. Damit zeigen wir Ungleichgewichte im globalen Anbau auf und finden gemeinsam Alternativen. Niemand geht bei uns vom Acker ohne unsere zwei Hauptbotschaften: Es ist genug für alle da, und jeder Bissen hat seinen Ort!

Wann und wie hat dieses Projekt sich entwickelt? Wie ging es in Berlin los?

Der geistige Vater "Benedikt Haerlin" ließ 2014 den ersten Weltacker in Berlin-Spandau in den Havelmaten entstehen. Zwei Jahre später zog der Weltacker auf den Kienberg, um die Fläche für die IGA 2017 in Berlin vorzubereiten. Auf der IGA erreichte der Weltacker über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus einen Bekanntheitsgrad, so dass auch weitere nationale und internationale Weltäcker entstanden. Seit 2018 kann der Weltacker im Botanischen Volkspark Pankow besucht werden. Dieses Angebot nutzen viele Schulklassen, aber auch Erwachsene, Unternehmen, Familien und viele mehr.

Können Sie etwas zur Organisation des Projektes sagen? Wie wird der Weltacker finanziert?

Auf dem Weltacker und im Büro sind wir ein kleines, starkes Team aus Agrar-, Ernährungs- und Kommunikationsexpert* innen, Köch*innen, Landwirt*innen, Biolog* innen und natürlich die Menschen, die auch sonst im Büro alles am Laufen halten. Ekkehard Spiegel betreut mit Hilfskräften Anbau und Ernte auf dem Weltacker in Pankow. Die Bildungsarbeit wird von einem Pool an Bildungsreferent*innen gestemmt und im Büro arbeiten wir mindestens zu viert an der Bildungskoordination, dem Personalmanagement, den Finanzen und der Öffentlichkeitsarbeit. Außerdem haben wir unsere fleißigen FÖJler*innen und Praktikant*innen, die uns bei jeder Ackerlage unterstützen. Finanziert werden wir aus unterschiedlichen Töpfen, die wir immer wieder aufs Neue aufrühren müssen, dazu zählt vor allem der Berliner Senat, aber auch Stiftungen und Spenden von verschiedensten Menschen, die dem Weltacker wohlgesonnen sind.

Was erleben Menschen, die den Weltacker besuchen?

Mein kleiner Weltacker
Grafik: Annika Huskamp

Der 2000 m²-Weltacker ist ein interaktiver Lernort. Hier können Kinder und Erwachsene ihren eigenen Flächenabdruck reflektieren und das eigene Konsumverhalten in einen globalen Kontext setzen. Ein Besuch des Weltackers oder unserer Online-Seminare ist also eine Reise in die komplexen Zusammenhänge von globaler Landwirtschaft, Klima und eigenem Konsum. Dafür bieten wir das ganze Jahr lang ein breites Spektrum an Bildungsangeboten an, wie Ackertouren und Workshops zu den Themen Boden, Biodiversität, Klima, Welternährung, Saatgut und soziale Gerechtigkeit.

Ein Besuch auf dem Weltacker lohnt sich vor allem zwischen Mai und Oktober. In der kalten Jahreszeit organisieren wir Indoor- Workshops im angrenzenden tropischen Gewächshaus oder kommen gerne auch in anderen Bildungseinrichtungen vorbei.

Auf Ihrer Webseite beschreiben Sie auch, dass die Ernährung 40 % der CO2-Emissionen bewirkt. Was sind die wichtigsten Veränderungen, die wir im Alltag angehen müssen?

Auf dem Weltacker zeigen wir, dass die wichtigsten Hebel für eine klimagerechtere Landwirtschaft die Verringerung des Fleischkonsums und der Lebensmittelverschwendung sind. Insbesondere regionale, pestizidfreie und düngerarme Kreislaufwirtschaft schonen die Böden und Regenwälder der Erde und damit das Klima.

Welche politischen Maßnahmen würden aus Ihrer Sicht notwendig sein?

Die externalisierten Kosten der konventionellen Lebensmittelerzeugung müssten sich auf die Preise auswirken, damit die klimaschädlicheren Produkte nicht die günstigsten in den Einkaufsregalen bleiben. Außerdem ist die Umstellung der öffentlichen Versorgung in Kantinen, Krankenhäusern, Schulen, etc. auf saisonale, regionale und klimapositivere Produkte ein effektiver Hebel, natürlich in Verbindung mit Umstiegsförderungen und Planungssicherheit für Landwirt*innen.

Wo kann man sich zum „Weltacker“ informieren?

Der Weltacker ist auf verschiedenen Kanälen zu erreichen, per Newsletter, Facebook, Tiktok, Youtube, Instagram oder einfach über die Webseite. Aktuell haben wir über 21 Weltäcker auf der ganzen Welt, die meisten in Deutschland und unseren Nachbarländern (Schweiz, Österreich, Liechtenstein, Luxemburg), aber auch in weiterer Ferne, wie Indien und Kenia. Auf unserer Webseite sind viele Weltäcker mit einem Portrait aufgelistet.

Wie kann man mit Ihnen Kontakt aufnehmen?

Wir freuen uns über jede Kontaktaufnahme und Unterstützung durch aktive ehrenamtliche Mithilfe oder Spenden. Am besten sind wir per Mail info[at]weltacker-berlin.de oder Telefon +49 30 28482320 erreichbar. Wer möchte, kann natürlich auch spontan den Berliner Weltacker im Botanischen Volkspark besuchen.

Gibt es noch etwas, was Sie gerne mitteilen wollen?

Im Bereich der Ernährungs- und Umweltbildung, aber auch im Klima-Aktivismus
wird die Landwirtschaft als essentieller Faktor für einen zukunftsfähigen
Umgang mit unserem Planeten oft unterschätzt. Deswegen ist Bildungsarbeit in
diesem Bereich so wichtig. Erfreulicherweise erleben wir auch einen immer
stärkeren Andrang. Das stellt uns insbesondere vor finanzielle
Herausforderungen, da wir möglichst vielen Gruppen kostenlose Touren
anbieten wollen. Deshalb freuen wir uns über jede Spende oder auch neue Mitglieder in unserem Verein.

Rike, Newsletter-Team