Entwicklung des Klimaschutzgesetzes

Entwicklung des Klimaschutzgesetzes

Das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) bildet den Rahmen für die Klimaschutzpolitik in Deutschland. Es wurde nach großen Protesten von Fridays for Future 2019 von der GroKo beschlossen. Der Entwurf (Bt-Drs. 19/14337) wurde am Tag des globalen Klimastreiks am 20.9.2019 veröffentlicht.

FFF hat diesen Entwurf in einem offenen Brief an die Bundesregierung scharf kritisiert:

Ihre Entscheidungen zum Klimaschutz vom 20. September [2019] sind eine politische Bankrotterklärung. Während zeitgleich im Rahmen von #AlleFürsKlima rund 1,4 Millionen Menschen in ganz Deutschland auf der Straße waren, haben Sie sich offiziell vom 1,5-Grad-Ziel verabschiedet. Dies auch noch als Erfolg zu verkaufen, ist ein Schlag ins Gesicht aller Demonstrant*innen für wirksamen Klimaschutz.

Gegen das KSG wurden verschieden Verfassungsbeschwerden erhoben. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) stellte mit Beschluss von 24.3.2021 die Verfassungswidrigkeit von Teilen des Gesetzes fest. In der Pressemitteilung des BVerfG vom 29.4.2021 heißt es:

"Als intertemporale Freiheitssicherung schützen die Grundrechte die Beschwerdeführenden hier vor einer einseitigen Verlagerung der durch Art. 20a GG aufgegebenen Treibhausgasminderungslast in die Zukunft."

 

Erste Novelle des KSG 2021

Daraufhin hat die GroKo das Klimaschutzgesetz in einer ersten Novelle entsprechend der Vorgaben des BVerfG angepasst. Die Klimabewegung übte an der Neuauflage des Klimaschutzgesetzes scharfe Kritik: Die Bundesregierung unterschlägt in der KSG-Novelle, von welchem Restbudget sie bei den Emissionsminderungszielen ausgeht. Weiterhin bleibt die Hauptlast der Emissionsreduktion auf den Schultern der jüngeren Generation.

 

Expertenrat für Klimafragen

Der Expertenrat für Klimafragen hat, wie im KSG vorgesehen, die Emissionsminderungen überprüft und mehrfach festgestellt, dass die Klimaziele (zumindest für einzelne Sektoren) nicht eingehalten wurden.
Publikationen des Expertenrats für Klimafragen.

 

Ampel-Koalition kündigt Aufhebung der Sektorziele an

Wohl auf Druck der FDP hat die Koalition von SPD, Grünen und FDP in ihrem Koalitionsvertrag 2021 vereinbart:

"Alle Sektoren werden einen Beitrag leisten müssen: Verkehr, Bauen und Wohnen, Stromerzeugung, Industrie und Landwirtschaft. Die Einhaltung der Klimaziele werden wir anhand einer sektorübergreifenden und analog zum Pariser Klimaabkommen mehrjährigen Gesamtrechnung überprüfen. Basis dafür ist das jährliche Monitoring."

Die Sektorziele aus dem KSG legen für jeden Sektor einzeln verbindliche Ziele fest, wie die Emissionen in der Zeit gesenkt werden sollen. Wie der Expertenrat für Klimafragen aufzeigte, wurden die Emissionen z.B. im Verkehrssektor seit Jahren kaum gesenkt. Danach wäre die Bundesregierung verpflichtet gewesen, Maßnahmen für den Verkehrssektor zu ergreifen, mit denen die Sektorziele erreicht werden könnten. Diesem Druck will die Ampelkoalition vom Verkehrssektor nehmen. Insbesondere die FDP argumentiert, dass es gleich sei, in welchen Sektoren Emissionsminderungen erreicht würden, solange die Emissionen in Summe ausreichend  gesenkt würden.

Gegen diesen Plan hat die Klimabewegung opponiert.
Katastrophal: Koalition streicht ihre Klimaziele

 

Das Klimaschutzgesetz wirkt

Auf Grundlage des Klimaschutzgesetzes wurde die Bundesregierung (jetzt schon mehrfach) dazu verurteilt ein Klimaschutzsofortprogramm vorzulegen, mit dem eine Chance besteht die Klimaziele zu erreichen:
Klimaklage vor dem OVG Berlin-Brandenburg vom 30.11.2023
Klimaklage vor dem OVG Berlin-Brandenburg vom 16.05.2024

 

Zweite Novelle des KSG 2024

Die Absicht aus dem Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung mit der Bundestagsdrucksache (Bt-Drs 20/8290) in das Parlament eingebracht.

Zu dem Entwurf hat der Bundesrat Stellung genommen: Bt-Drs. 20/8670 (mit Gegenäußerung der Bundesregierung). Der Bundesrat fordert u.a.:

Der Bundesrat fordert den Bund auf, sicherzustellen, dass eine Abkehr von den Sektorzielen den politischen Handlungsdruck für wirksame Klimaschutzmaßnahmen insbesondere in Sektoren, die ihre sektorspezifische Jahresemissionsmengen überschreiten, nicht reduziert. Die Erreichung der bundesdeutschen Klimaziele in einzelnen Sektoren darf nicht unnötig verzögert werden.

 

Webinar von FFF: Die aktuelle Lage: Geplante Abschwächung des Klimaschutzgesetzes

 

Sachverständigen-Anhörung am 8.11.2023 im Klimaschutz-und-Energie-Ausschuss

Bei der Bundestagsanhörung am 8.11.2023 haben die Experten den Entwurf eindringlich kritisiert. Er sei verfassungsrechtlich ausgesprochen problematisch. Das Klimaschutzgesetz sei "nicht ansatzweise mit der 1,5 Grad-Grenze kompatibel", sagte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Mit dem Gesetz gehe es offenbar darum, "säumige Ministerien vor schlechter Presse zu schonen und Klimablockadepolitik in Schlüsselsektoren wie dem Verkehr in einer mehrjährigen Gesamtrechnung" zu verstecken.

Dazu der Bericht: Experten kritisieren Klimaschutzgesetz

Die schriftlichen Stellungnahmen der Experten sind auf der Seite: Anhörung zum Klimaschutzgesetz und Klimaschutzprogramm verlinkt.

 

Verabschiedung der zweiten Novelle des Klimaschutzgesetzes

Am 26.04.2024 hat der Bundestag die Änderung des Klimaschutzgesetzes verabschiedet (Bt-Drs 20/11183). Einige Bundestagsabgeordnete habe zu der Verabschiedung der zweiten KSG-Novelle kritische Erklärungen abgegeben.

Die Analyse der Deutschen Umwelthilfe zeigt, die Ampel-Fraktionsspitzen höhlen Klimaschutzgesetz weiter aus mit zusätzlichen Verschlechterungen.

 

Kritik aus der Zivilgesellschaft an der zweiten Novelle des Klimaschutzgesetzes

Im Vorfeld der zweiten KSG-Novelle fordern Jura-Professoren verfassungsmäßig Klimaschutzpolitik

Nach der Klimaentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom April 2021 fordern im August 2023 nun über 60 Jura -Professoren des Verfassungs- und Völkerrechts von der Bundesregierung und dem Gesetzgeber eine "völker- und verfassungsrechtskonforme Klimaschutzpolitik" und "Effektive Maßnahmen gegen die Erderwärmung statt Verwässerung des Klimaschutzgesetzes!"
Für eine völker- und verfassungsrechtskonforme Klimaschutzpolitik

 

Auf einer Pressekonferenz haben Umweltverbände die Novelle kritisiert

Am 25.4.2024 Pressekonferenz vom DUH haben verschieden Umweltverbänden und Umweltjuristen dargelegt, warum die Novelle des Klimaschutzgesetzes verfassungswidrig ist.

Hier das schriftliche Statement vom Solarenergie Förderverein Deutschland e. V. dazu:
Neues Klimaschutzgesetz verfassungswidrig.

taz vom 17.06.2024: Interview mit Jürgen Resch (DUH) zum neuen Klimaschutzgesetz und Klimaklagen

 

Aktivitäten von Parents for Future Deutschland zur Verabschiedung der KSG-Novelle

Im P4F-Newsletter gab es eine kritische Einordnung der Klimaschutzpolitik der Bundesregierung - Klimaschutz auf dem Verschiebebahnhof.

Parents for Future OG Köln hat eine Beschwerde vor EU-Kommission zur Novelle des deutschen Klimaschutzgesetzes eingereicht.

Parents for Future Germany bitten Bundespräsident Steinmeier, die zweite Novelle des KSG nicht zu unterschreiben und damit den Gesetzgebungsprozess zu stoppen.

Auch die Deutsche Umwelthilfe hat den Bundespräsidenten Steinmeier aufgefordert die KSG-Novelle nicht zu unterschreiben.

 

Expertenrat für Klimafragen prüft Projektionsdaten

[03.06.2024] Der Expertenrat für Klimafragen (ERK) hat heute ein durch die Bundesregierung beauftragtes Sondergutachten zur Prüfung der Projektionsdaten 2024 vorgelegt, welche die zukünftige Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland beschreiben.

Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Expertenrats, führt dazu aus: „Nach Prüfung der Daten bestätigt der Expertenrat, dass die Gesamtemissionen bis 2030 substanziell sinken werden, allerdings vermutlich weniger stark als in den Projektionsdaten ermittelt. Der Expertenrat hält die projizierten Emissionen in den Sektoren Energie, Gebäude und Verkehr sowie – mit Einschränkungen – auch in der Industrie für unterschätzt.“

Henning: „In Summe können wir die von den Projektionsdaten 2024 ausgewiesene kumulierte Zielerreichung für die Jahre 2021 bis 2030 nicht bestätigen, sondern gehen im Gegenteil von einer Zielverfehlung aus.“

Brigitte Knopf: „Insgesamt fehlt für die Zeit nach 2030 eine langfristige Strategie, wie das Ziel der Treibhausgasneutralität erreicht werden kann“.

ERK Pressemitteilung: Einhaltung des Klimaziels für 2021 bis 2030 nicht bestätigt

DUH Pressemitteilung: ERK bescheinigt Bundesregierung: „Klimaschummelei statt Klimaschutz“

 

Umweltverbände kündigen Verfassungsbeschwerden gegen die zweite Klimaschuzt-Novelle an.

Kläger:in werden - für eine Zukunftsklage[26.06.2024] Greenpeace Deutschland, Germanwatch, Deutsche Umwelthilfe, BUND und Solarenergie-Förderverein Deutschland kündigen insgesamt drei Verfassungsbeschwerden gegen die Entkernung des Klimaschutzgesetzes an.
Die Verbände kritisieren:

  • Die bisherigen Klimaziele reichen nicht, um das Abkommen von Paris einzuhalten.
  • Das Klimaschutzgesetz (KSG) soll mit der Aufhebung der Sektorenziele entkernt werden.
  • Und die geplanten Klimaschutzmaßnahmen reichen nicht, um die zu schwachen Klimaziele einzuhalten. Nach der Entscheidung des Menschenrechtgerichtshofs zum Klimawandel gehen die Beschwerdeführer:innen davon aus, dass Staaten alles dafür machen müssen, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Mehr Infos zur Verfassungsbeschwerde 2.0 - Zukunftsklage

 

Der Bundespräsident fertigt die KSG-Novelle aus.

[15.07.2024] Der Bundespräsident hat langer Prüfung die KSG-Novelle ausgefertigt. Für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes hat er sich ungewöhnlich lange Zeit gelassen.

Der Bundespräsident hat das Gesetz im Rahmen seiner Prüfung gem. Art. 82 Abs. 1 Grundgesetz (GG) eingehend auf seine Verfassungsmäßigkeit geprüft. Im Mittelpunkt der verfassungsmäßigen Prüfung stand die Vereinbarkeit mit den Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht in dem Klimaschutzbeschluss vom 24. März 2021 (Az. 1 BvR 2656/18) aufgestellt hat. In seiner Prüfung ist der Bundespräsident zu dem Ergebnis gekommen, dass evidente Verfassungswidrigkeit nicht gegeben ist.

Pressemitteilung des Bundespräsidenten

Leider hat der Bundespräsident ignoriert, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der zwischen Zeit geurteilt hat, dass Klimaschutz Menschenrecht ist. Der EGMR sieht es als Verbindlich an die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Auch der Internationale Seegerichtshof hält die 1,5 Gradgrenze für verbindlich. Mit der der KSG-Novelle und dem darin ermöglichten Verschieben von Emissionsminderungen kann Deutschland keinen fairen Anteil an Emissionsminderungen nicht beitragen. Der Bundespräsident liefert künftige Generationen einer unzureichenden Klimavorsorge aus.

 

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