Zukunftsklage - Verfassungsbeschwerde 2.0

Zukunftsklage - Verfassungsbeschwerde 2.0

Luisa: Die Welt brennt und ganz sicher schauen wir nicht zu - wir verklagen die Bundesregierung[26.06.2024] Bundestag und Bundesregierung Versagen beim Klimaschutz. Deswegen haben heute mehrere Umweltverbände, Einzelpersonen und drei FFF-Aktivist:innen gemeinsam drei Verfassungsbeschwerden angekündigt. Weitere Kläger:innen werden gesucht.

Die bisherigen Klimaziele reichen nicht, um das Abkommen von Paris einzuhalten.

Das Klimaschutzgesetz (KSG) wurde mit der Aufhebung der Sektorenziele entkernt werden, außerdem werden Emissionen in die Zukunft verschoben.

Und die geplanten Klimaschutzmaßnahmen reichen nicht, um die zu schwachen Klimaziele einzuhalten. Nach der Entscheidung des Menschenrechtgerichtshofs zum Klimawandel gehen die Beschwerdeführer:innen davon aus, dass Staaten alles dafür machen müssen, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Drei Verfassungsbeschwerden wurden eingereicht:

  • Greenpeace Deutschland und Germanwatch
  • Deutsche Umwelthilfe
  • BUND und SFV

Kläger:in werden - für eine ZukunftsklageGreenpeace Deutschland / Germanwatch und weitere private Einzelkläger:innen

Anwältin: Roda Verheyen
An der Zukunftsklage können sich alle (bis zum 31. August 2024) beteiligen, die dauerhaft in Deutschland leben und mindestens 14 Jahre alt sind.

Mit der Klage soll erreicht werden, dass das Bundesverfassungsgericht anerkennt, dass es nicht nur um Freiheitsrechte, sondern auch um den Schutz unserer Gesundheit vor den Auswirkungen des Klimawandels geht – genau wie im Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Fall der KlimaSeniorinnen festgestellt hat. Die Eingriffe, etwa durch Hitzewellen oder Hochwasser, sind so massiv, dass der Gesetzgeber jetzt handeln muss.

In dieser Verfassungsbeschwerde werden die Belastungen und Freiheitseinschränkungen anhand einzelner Mitkläger:innen thematisiert, um nachzuweisen, dass die Bundesregierung ihren Schutzpflichten nicht nachkommt.

Am Verkehrssektor zeigt sich, dass die Bundesregierung die Klimaentscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2021 nicht umsetzt. Durch die Abschaffung der Sektorenziele werden die für den Verkehrssektor notwendigen Transformationen noch weiter in die Zukunft verschoben. Dies geht zu Lasten der intertemporalen Freiheitsrechte. Ziel der Zukunftsklage ist deswegen, dass der Gesetzgeber verpflichtet wird, ausreichende Maßnahmen auch im Verkehrssektor auf den Weg zu bringen.

„Durch die bisherige Untätigkeit von Verkehrsminister Volker Wissing sind in wenigen Jahren wesentlich härtere Maßnahmen unvermeidlich - damit wird in Freiheitsrechte eingegriffen. Besonders betroffen sind Menschen auf dem Land mit geringem Einkommen, für die bislang kein Mobilitätsangebot aufgebaut wurde.“
Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch

Wir verklagen die Bundesregierung – 6 Fakten zur Zukunftsklage

 

Deutsche Umwelthilfe und elf junge Menschen im Alter von 14 bis 27

DUH Klimaheld werden
© DUH

Anwalt: Remo Klinger
Beteiligungsmöglichkeit: Die DUH sucht 100.000 Klimaheld:innen, die sich der Klimaklage der DUH ideelle anschließen.

Mehrere Regelungen des entkernten Klimaschutzgesetzes verstoßen gegen verfassungsrechtliche Vorgaben, weil große Teile von notwendigen Treibhausgaseinsparungen in die Zukunft verschoben werden.

Das Klimaschutzgesetz stellen weder sicher, dass Deutschland einen angemessenen Beitrag an Emissionsminderungen zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens leistet (Ambitionslücke) noch stellt das KSG sicher, dass Zielvorgaben für Emissionsminderungen auch tatsächlich erreicht werden (Umsetzungslücke).

Frieda Egeling von Fridays for Future erklären, warum sie mit der DUH die Bundesregierung verklagt: Je früher Klimaschutz eingeleitet wird, desto eher können Maßnahmen gerecht gestaltet werden.

„Als ich gemeinsam mit anderen Jugendlichen und der Deutschen Umwelthilfe 2020 vor das Bundesverfassungsgericht gezogen bin, waren wir voller Hoffnung. Mit dem historischen Urteil ein Jahr später schien der Durchbruch im Kampf gegen die Klimakatastrophe endlich da zu sein. Dass ausgerechnet die Politikerinnen und Politiker, die uns damals mit Lob dafür überschütteten, jetzt in der Bundesregierung Klimaschutz abschaffen, entsetzt mich jeden Tag. Es macht mich wütend – aber nicht hilflos. Deswegen stehen wir heute wieder hier. Wir bitten den Bundespräsidenten, uns zu hören und zu schützen. Aber wenn nicht, sind wir bereit, schon am nächsten Tag unser Recht auf eine Zukunft ohne Katastrophe einzuklagen.“
Miriam Siebeck, 19-jährige Schülerin und Beschwerdeführerin

 

Klimaklage 2.0 von BUND und SFV

Als Beschwerdeführende treten neben den Verbänden Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV) und Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) als Einzelpersonen auf: Mareike Bernhard, Ärztin, Koblenz; Karola Knuth, Studentin, Heidelberg; Kerstin Lopau, Ingenieurin für Erneuerbare Energien, Potsdam; André Wendel, Busfahrer, Leipzig.

Juristisch vertreten wird die Verfassungsbeschwerde von BUND und SFV von der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte und dort den Rechtsanwältinnen Dr. Franziska Heß und Lisa Hörtzsch, gemeinsam mit Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt von der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik (alle Leipzig)

Das Ziel- und Ambitionsniveau der deutschen Klimapolitik wurde zwar nach der Klimaentscheidung des BVerfG 2021 angehoben, ist aber weiterhin fundamental unzureichend. Durch die aktuelle KSG-Reform wird es noch unwahrscheinlicher, dass die ungenügenden Ziele eingehalten werden können. Zudem reicht der grundlegende Ansatz bei den Klimaschutzmaßnahmen nicht mal für die eigenen, unzureichenden Ziele aus – und erst recht nicht für angemessen ambitionierte Ziele.

Die Bedrohung durch den Klimawandel nimmt zu. Durch den Anstieg des Meeresspiegels und menschenfeindliche Hitze werden ganze Regionen unbewohnbar, massive Naturkatastrophen wie extreme Hochwasserereignisse und Stürme, globale Verknappungen von Nahrung und Trinkwasser werden angesichts der fortschreitenden globalen Erwärmung wahrscheinlicher und zeigen sich teilweise schon heute. Dabei ist auch ökonomisch unstreitig, dass der Klimawandel um ein Vielfaches teurer zu werden droht als ein wirksamer Klimaschutz.

Der Klimawandel droht die elementaren Voraussetzungen von Freiheit – Leben, Gesundheit und ökologisches Existenzminimum – zu ruinieren. Obwohl schon heute die Schäden, greifbar sorgt das KSG nicht für notwendigen schnellen Klimaschutz. So werden Maßnahmen verschoben und Freiheit in der Zukunft eingeschränkt.

„Die deutschen Klimaziele sind schon an sich grundrechtswidrig schwach, weil praktisch kein Klimabudget mehr vorhanden ist - für die 1,75-Grad-Grenze nicht, und für die 1,5-Grad-Grenze, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte jüngst als die menschenrechtlich maßgebliche Grenze bezeichnete, erst recht nicht. Mit dem neuen Klimaschutzgesetz wird die Einhaltung selbst der unzureichenden deutschen Ziele weiter erschwert. Und die konkreten deutschen Klimaschutzmaßnahmen reichen weder für die eigenen schwachen noch für ambitionierte Klimaziele aus. In dieser Situation ist es Aufgabe des Verfassungsgerichts, die Politik an die Grenzen ihrer Gestaltungsspielräume zu erinnern und die Freiheit und ihre Voraussetzungen wirksam zu schützen.“
Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt und Dr. Franziska Heß, Prozessbevollmächtigte

 

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