Bürgerbegehren Klimaschutz am Beispiel Mainz
Politik und Verwaltung werden aus Dornröschenschlaf geweckt
von Michael Lengersdorff, MainzZero
erschienen im Newsletter #17 (März 2022)
„Masterplan 100 % Klimaschutz“, „Klimanotstand in 2019 beschlossen“ – Die Stadt Mainz ruhte sich auf ihren Beschlüssen aus, ohne ernsthaft wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen. Das schreit nach einem Bürgerbegehren!
Die bestehenden Beschlüsse des Stadtrats zum Klimaschutz ruhten in der Schublade mit wenig Chance auf Umsetzung. Deshalb startete P4F Mainz – angeregt durch GermanZero und das Vorbild Darmstadt – ein Bürgerbegehren für einen Klimaentscheid, um Druck auf Stadtpolitik und Verwaltung auszuüben, aber auch um die Mainzer Öffentlichkeit für mehr Klimaschutz zu sensibilisieren. Kernanliegen: konkrete ambitionierte Ziele, schnell greifende Maßnahmen und eine engmaschige Erfolgskontrolle.
Das Bürgerbegehren startet
Mit starker Unterstützung von GermanZero riefen wir gemeinsam mit Bündnispartnern aus dem Umfeld der Klimabewegung sowie weiteren For-Future-Gruppen „Mainz-Zero“ ins Leben. Zur Vorbereitung des „Bürgerbegehrens für einen Klimaentscheid“ wurde eine Abstimmungsfrage formuliert, unterfüttert mit elf konkret ausformulierten Forderungen und Zielen als Eckpfeiler für ein klimaneutrales Mainz 2030. Essentiell ist uns dabei eine soziale Ausgestaltung der Maßnahmen.
Für die Unterschriftensammlung gestalteten wir ein Logo, Maskottchen und pfiffige Plakate, richteten eine Homepage ein, gewannen Geschäfte als Sammelstellen für die Unterschriftenlisten und präparierten auffällige gelbe MainzZero-Sammelfahrräder. Mit einer Online-Pressekonferenz fiel am 14. Januar 2021 der Startschuss für die Sammlung. Für öffentliche Aufmerksamkeit sorgten im Laufe der Kampagne u. a. eine Fahrraddemo und ein Grünachsentag, an dem wir eine Straße in der Innenstadt – befreit von Autos – mit Pflanzen und Aufenthaltsbereichen zu einem lebenswerten Ort umgestalteten.
Regionale und bekannte Künstler*innen, Unternehmer*innen und Wissenschaftler*innen unterstützen die Forderungen von MainzZero in ihrem ganz persönlichen Statement. An unseren mobilen Infoständen sammelten bis Ende Mai 2021 mehr als 20 Helfer*innen 13.352 Unterschriften, die wir am 7. Juni 2021 zusammen mit unseren Forderungen und Zielen an Oberbürgermeister Michael Ebling übergeben konnten.
Klimaentscheid abgelehnt – aber Maßnahmenpaket beschlossen
Parallel zur Unterschriftensammlung begannen Gespräche mit OB Michael Ebling, der damaligen Umweltdezernentin Katrin Eder, den Mainzer Stadtratsfraktionen sowie der Stadtverwaltung. Die Gespräche dienten dazu, Vertrauen aufzubauen, unsere Forderungen und Ziele zu erläutern sowie Politik und Verwaltung die Unterstützung von MainzZero für die notwendige Transformation anzubieten. Diese Herangehensweise sollte sich auszahlen.
Trotz positiv verlaufender Verhandlungen mit dem Stadtrat wurde das Bürgerbegehren für einen Klimaentscheid vom Stadtrat aus formalen Gründen abgelehnt. Gleichwohl bedankten sich alle demokratischen Stadtratsfraktionen für das starke Engagement von MainzZero und boten „gern“ eine weitere Zusammenarbeit an.
Zwei Monate später – am 24. November – verabschiedete der Stadtrat mit überwältigender Mehrheit ein Maßnahmenpaket, in dem sich ein Großteil unserer Forderungen aus dem Bürgerbegehren wiederfand. Eine wesentliche Frage blieb jedoch ungeklärt: Wie und in welchem Rhythmus soll ein Monitoring der Klimaschutzmaßnahmen erfolgen? Bis dato schreckt die Verwaltung vor dem Aufwand der geforderten jährlichen Kontrolle zurück.
So weit so gut! Wir bleiben dran!
MainzZero hat das Thema „Klimakrise“ – trotz Corona – in der öffentlichen Debatte gehalten. Zugleich haben wir uns für Politik, Verwaltung und auch die Medien als kompetente Partner in Sachen Klimaschutz etabliert. Auf dieser Basis setzen wir unsere Arbeit mit unterschiedlichen Maßnahmen konstruktiv fort. Parallel zur Unterschriftensammlung haben wir mit kompetenter Unterstützung ein Konzept „Verkehrswende jetzt!“ erarbeitet, das jetzt der Öffentlichkeit und der Stadt präsentiert wird. Weitere Schwerpunkte für 2022 sind Mobilisierungs- und Bildungsmaßnahmen sowie die Etablierung eines jährlichen „THG-Monitorings“ mit dem Ziel, für Mainz eine jährliche Treibhausgas-Einsparung von 10 Prozent zu erreichen. Verbesserungen im ÖPNV als Baustein einer Mobilitätswende zu erreichen ist ein weiteres Thema.
Deutschlandweit sind schon mehr als 70 Klimaentscheide mithilfe von GermanZero entstanden. Das Beispiel Mainz zeigt: Der Einsatz lohnt sich!