Wasserstoff in der kommunalen Wärmeplanung

Rechtsgutachten - Kommunale Wärmeplanung mit Wasserstoff ist derzeit nicht verantwortbar

erschienen im Parents-Newsletter #34 (Juni 2024)

Ein neues Rechtsgutachten1 bestätigt, dass eine kommunale Wärmeplanung mit Wasserstoff zum Heizen derzeit nicht verantwortbar ist. Das Gutachten der Umweltrechts-Kanzlei Günther, erstellt im Auftrag des Umweltinstituts München und weiterer Umweltverbände, wurde am 12. Juni der Öffentlichkeit vorgestellt2.

Keine rechssichere Wärmeplanung mit Wasserstoff

Es gibt mehrere Gründe, warum die Ausweisung von Wasserstoffnetzen für die Gebäudewärme mit hoher Dringlichkeit verhindert werden muss:

  • Sowohl bei den Verbraucher*innen wie auch in der kommunalen Verwaltung und Politik besteht eine große Unsicherheit hinsichtlich des Einsatzes von Wasserstoff für die Gebäudewärme. Dadurch werden sie anfällig für irreführende „Informationen“ der Gaslobby.
  • Eine frühzeitige Klarstellung der Kommunen, dass Wasserstoff für die Gebäudewärme nicht vorgesehen ist, vermeidet Fehlinvestitionen bei Verbraucher*innen („H2-Ready-Heizung“) und kommunalen Gasversorgern.
  • Eine frühzeitige Klarstellung veranlasst Verbraucher* innen, frühzeitig in klimafreundliche Lösungen (insbes. Wärmepumpen) zu investieren statt in neue Gasheizungen. Dadurch wird die Verbrennung von fossilem Gas und damit der Ausstoß von klimaschädlichem CO2 reduziert.

Rechtssichere Wärmeplanung ohne Wasserstoff

Das Umweltinstitut München hat die Ergebnisse und die Handlungsempfehlungen des Gutachtens in einem ausführlichen Infoschreiben3 zusammengefasst. Die Ergebnisse in Kürze:

  • Kommunen können sich gleich am Anfang der Wärmeplanung rechtssicher und mit wenig Aufwand gegen Wasserstoff zum Heizen und gegen die Umstellung des Gasverteilnetzes auf Wasserstoff für Haushaltskunden entscheiden. Eine gezielte Versorgung der örtlichen Industrie mit Wasserstoff ist trotzdem möglich.
  • Die Gutachter kommen sogar zu dem Schluss, dass eine Wärmeplanung mit Wasserstoffnetzgebieten nur dann verantwortbar ist, wenn die lokalen Gasverteilnetzbetreiber die Umstellung des Gasverteilnetzes samt Finanzierung bereits in einem Fahrplan nach den hohen Anforderungen des § 71k GEG (Gebäudeenergiegesetz) detailliert geplant und verbindlich zugesagt haben. Das ist aber noch gar nicht möglich, weil viele wichtige Voraussetzungen für die Erstellung dieser Fahrpläne noch nicht gegeben sind.
  • Kommunen müssen also nur prüfen, ob der Gasverteilnetzbetreiber die hohe Verbindlichkeit eines Fahrplans zur Umstellung des Gasnetzes auf Wasserstoff zusichert. Tut er dies nicht, kann die Option Wasserstoff gleich am Anfang der kommunalen Wärmeplanung ausgeklammert werden.

Die Kommune hat dabei eine starke Rechtsposition. Weder die Gaskund*innen noch der Gasverteilnetzbetreiber oder Gasversorger haben einen Anspruch darauf, dass die Kommune Wasserstoff für die Versorgung von Haushalten vertieft prüft oder gar Wasserstoffnetzgebiete beschließt oder sie in der kommunalen Satzung ausweist. Die Wärmeplanung begründet keine Klagebefugnis.

Voraussetzung für eine Transformation des Gasverteilnetzes hin zu einer Versorgung ist ein detaillierter Transformationsplan des Gasnetzbetreibers nach § 71k GEG. Dieser hat übrigens nichts mit dem Gasnetzgebietstransformationsplan (GTP) der Initiative „H2 vor Ort“ zu tun. Der GTP erfüllt die hohen Anforderungen des GEG nicht. Doch selbst wenn der Gasnetzbetreiber einen detaillierten Transformationsplan vorlegt, ist die Kommune frei in der Entscheidung, ob ein Wasserstoffverteilnetz eingerichtet werden soll.

Die aus dem Rechtsgutachten sich ergebenden Handlungsempfehlungen können im Detail im genannten Infoschreiben3 des Umweltinstituts nachgelesen werden.

Kostenfalle! Risikoinvestition Wasserstoff in der kommunalen Wärmeplanung

Wie werde ich aktiv?

Das Infoschreiben3 des Umweltinstituts wurde am 12. Juni bundesweit an über 7.000 Kommunen und Kommunalverbände geschickt. Du kannst die Aktion unterstützen und dich für eine vernünftige Wärmeplanung ohne Wasserstoff zum Heizen in deinem Ort einsetzen:

  • Schreib eine Mail an Verantwortliche in deiner Kommune (nur 5 Minuten Aufwand): Lass sie wissen, dass du dir Sorgen um bezahlbare Wärme in deinem Ort machst. Weise auf das Gutachten1 und am besten auf das 5-seitige Infoschreiben3 hin. Bitte darum, dass die Kommune am Online-Seminar am 25. Juni teilnimmt und füge den Anmeldelink an deine Mail an.
  • Versende die Mail ggf. im Namen deiner lokalen Organisation oder zusammen mit anderen lokalen Organisationen.
  • Adressaten können z. B. die Bürgermeister*innen, die Klimaschutzmanager*innen, zuständige Verwaltungsmitarbeitende (Wärme, Energie, Stadtentwicklung) und Abgeordnete oder Ausschussmitglieder des Stadtoder Gemeinderats sein.

Die Kommunen sind laut Wärmeplanungsgesetz (WPG) verpflichtet, bis Mitte 2026 bzw. Mitte 2028 eine kommunale Wärmeplanung zu erstellen. Das WPG sieht als eine Option die Ausweisung von Wasserstoffnetzen für die Gebäudeheizung vor. Dies ist hinsichtlich der Versorgungssicherheit, der zu erwartenden Kosten („Kostenfalle“) und aus klimatologischer Perspektive kein gangbarer Weg (siehe NL #33 und Kampagnenseite des Umweltinstituts4).

 

Wolfgang Schöllhammer,
OG Mainz

Quellen:

1) Gutachterliche Stellungnahme zur kommunalen Wasserstoffnetzausbauplanung
2) Neues Rechtsgutachten bestätigt: Kommunale Wärmeplanung mit Wasserstoff ist derzeit nicht verantwortbar
3) So können Kommunen Wasserstoff in der kommunalen Wärmeplanung rechtssicher ausschließen
4) Wasserstoff nicht verheizen – Gaslobby stoppen!

 

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