Lösungen für die Klimakrise – wie begrenzen wir die Erderwärmung?
So dringlich es ist, die Erderwärmung zu stoppen, so erfreulich ist es, dass viele Lösungsmöglichkeiten verfügbar sind. Noch haben wir die Chance, einen Klimakollaps abzuwenden. Dabei können wir unsere Lebensqualität steigern und Gesundheit für uns und andere fördern. Nutzen wir diese Chance!
Das Problem
Das Klima war in den letzten 10.000 Jahren, in denen sich Zivilisationen entwickelt haben, außergewöhnlich stabil. Seit dem Beginn der Industrialisierung ist die Erde ca. 1,2 Grad wärmer geworden. Das hört sich nach nicht viel an, hat aber (weil es sich um eine Welt-Durchschnittstemperatur handelt) dramatische Folgen. Hitzewellen, Dürren, Stürme, Überschwemmungen nehmen zu. Gletscher schmelzen, Ökosysteme geraten aus dem Gleichgewicht, Wettersysteme (z.B. der Jet-Stream) verändern sich. Bei der Wasserzirkulation in den Ozeanen drohen einschneidende Veränderungen. Die Tier und Pflanzenwelt (die Biodiversität) wird bedrohlich geschädigt.
All diese Veränderungen - da ist die Klimaforschung eindeutig - werden ausgelöst von den steigende Konzentrationen verschiedener Treibhausgase (THG):
- Kohlendioxid - CO2
- Methan - CH4
- Lachgas - N2O
- und andere
Den Anstieg der THG verursachen wir durch unsere Aktivitäten:
- durch das Verbrennen von Öl, Kohle und Gas (CO2),
- durch Lecks bei der Gasförderung, Viehhaltung und Reisanbau (CH4),
- durch die Art unserer Landwirtschaft N2O.
Weiter reichern sich THG in der Atmosphäre an, weil durch unserer Schädigungen der Ökosysteme diese weniger THG als bisher binden können (z.B. tropische Regenwälder, Ozeane). Oder weil aus geschädigten Ökosystemen THG emittieren (trockengelegte Moore, bei Waldbränden, aus auftauenden Permafrostböden).
Was wir erreichen können
Zu der Debatte, ob man für Klimaschutz verzichten muss, gehört auch, auf was wir heute schon verzichten und was an Lebensqualität erreichbar und wünschenswert ist.
Die Luftverschmutzung ist global eine der größten Gefahren für die menschliche Gesundheit. Durch den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien können wir hier und global die Luftqualität verbessern und damit Gesundheit fördern.
Städte mit weniger Verkehr und Lärm sind gesünder für die dort lebenden Menschen. Mehr Raum für Bäume und Menschen macht Städte lebenswerter.
Durch den Wechsel der Ernährung hin zu mehr pflanzlicher Nahrung können wir uns gesünder ernähren und damit Lebensqualität gewinnen und auch Tierleid vermeiden.
Bei der Transformation hin zur Klimaneutralität schützen wir also nicht nur unsere Lebensgrundlagen, sondern schützen auch unsere Gesundheit und schaffen mehr Lebensqualität.
Die Lösungen
Um die Erderwärmung zu stoppen, müssen wir - da ist sich die Wissenschaft einig - dafür sorgen, dass die Konzentration von Treibhausgasen nicht weiter steigt und sogar in mittlerer Zukunft reduziert wird.
Um die Erwärmung auf 2 °C begrenzen, sind rasche und tiefgreifende - in den meisten Fällen sofortige - Senkungen der Treibhausgasemissionen in allen Sektoren erforderlich. Mit Effizienzsteigerungen und Nachfrageminderungen (insbesondere reduziertem Fleischkonsum) müssen Emissionen gemindert werden. Weiter müssen Methoden zur Kohlendioxidentnahme (Carbon Dioxide Removal, CDR) zum Einsatz kommen, um verbleibende Treibhausgasemissionen auszugleichen (so der sechste IPCC-Sachstandsbericht (AR6), WG III).
Damit die THG-Konzentration nicht weiter steigt, ist es das einfachste, die THG-Emissionen zu reduzieren.
Werden uns da neue Technologien weiterhelfen? Jain - alles, was die THG-Emissionen reduziert, brauchen wir natürlich. Aber es ist klar, dass wir die Emissionen so schnell reduzieren müssen, dass wir nicht mehr weiter auf neue Technologien warten können. Selbst wenn morgen etwas ganz Neues erfunden würde, wäre das nicht so schnell marktreif und im notwendigen Umfang einsatzfähig, dass wir uns darauf verlassen könnten. Es wäre, wie beim Fallschirmsprung auf das Ziehen der Reißleine zu verzichten, weil man glaubt, eine ganz neue Technologie würde einen unten schon abbremsen.
Sektoren
Die große Frage, wie wir die THG reduzieren können, wird getrennt nach den Sektoren betrachtet, in denen sie emittiert werden. Für alle diese Sektoren gibt es Lösungen.
Energieerzeugung
Unsere Stromerzeugung müssen wir auf erneuerbare Energien umstellen:
- Windkraftanalgen
- Photovoltaik
- Biogas
- Wasserkraft
- Geothermie
Zur Stabilisierung des Stromnetzes helfen uns
- Smart Grid - intelligente Steuerung der Verbraucher (Verbrauch in Zeiten mit viel Strom verschieben)
- Speicher (Batterie, Wasser-Pumpspeicher, Power to gas)
- Bei Strom-Überschuss Speicher füllen
Weitere Informationen
- Strombinnenmarkt und Energiewende
- Das Potenzial von Agri-PV-Anlagen voll ausschöpfen
- Schaffen wir die Energiewende – und wird Strom billiger? | Harald Lesch | Terra X Lesch & Co
Industrie
Um in der Industrie die THG-Emissionen zu reduzieren, müssen viele Produktionsprozesse umgestellt werden. Dafür können, wo fossile Energie nicht durch Strom ersetz werden kann, Wasserstoff oder eFuels verwendet werden.
Gebäude
Für einen klimaneutralen Gebäudesektor müssen viele Gebäude gedämmt werden. Gebäude müssen mit Wärmepumpen, Geothermie oder klimaneutralen Fernwärmeanlagen geheizt werden.
Beim Neubau sollte mehr Holz verwendet werden.
Weitere Informationen
- Architects for Future: 10 Forderungen für eine Bauwende
- Scientists4Future: Ein energieeffizienter Gebäudebestand
- 6.6.2023 Clausen, J., et al. (2023). Die schnelle Verbreitung der Wärmepumpe ist zentral für eine schnelle Wärmewende. Online-Publikation, Berlin. Scientists for Future.
Verkehr
Für die Verkehrswende muss die Rad-Infrastruktur, der ÖPNV, Bahn und Busse besser ausgebaut werden. Für den motorisierten Individualverkehr muss auf E-Mobilität umgestellt werden.
Mehr Güter sollten auf Flüssen oder Schienen transportiert werden. Bei LKWs ist noch nicht entschieden, welche Antriebsart sich wo durchsetzen wird: über Batterien, Wasserstoff oder eFuels.
Für die Binnenschifffahrt und küstennahe Schifffahrt könnten Batterien zum Einsatz kommen oder auch eFuels.
Für Flugzeuge könnten eFuels eingesetzt werden.
Im Verkehrssektor wurden bisher die THG-Emissionen am wenigsten reduziert. Deswegen brauchen wir ein Umsteuern im Verkehrssektor.
Weitere Informationen
- Fridays for Future: Klimaschutz-Sofortprogramm für den Sektor Verkehr aufgrund einer Überschreitung der zulässigen Jahresemissionsmenge für das Jahr 2021
- Forderungen zur Verkehrswende von "Bundesweiter Umwelt- und Verkehrskongress" - BUVKO 2023
Landwirtschaft
Die offensichtlichste Maßnahme zur Reduzierung der Emissionen in der Landwirtschaft ist weniger Lebensmittel wegzuwerfen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geht davon aus, dass im Jahr 2020 10,9 Millionen Tonnen Lebensmittel als "Abfall" entsorgt wurden.
(BMEL: Lebensmittelabfälle in Deutschland: Aktuelle Zahlen zur Höhe der Lebensmittelabfälle nach Sektoren)
Da bei der Produktion von tierischer Nahrung (Fleisch und Milchprodukte) mehr THG emittiert werden als bei pflanzlichen Nahrungsmitteln, würde eine Umstellung der Ernährung auf mehr pflanzliche Ernährung die Emissionen im Landwirtschaftssektor reduzieren (dies hätte auch gesundheitliche Vorteil). siehe: Vegans for Future
Auch darüber hinaus müssen THG-Emissionen in der Landwirtschaft reduziert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Art der Landwirtschaft nicht nur durch die THG-Emissionen das Klima schädigt, sondern auch die Biodiversität leidet.
Der Bürgerrat Ernährung empfiehlt (neben einigen anderen Bedenkenswerten Vorschlägen), die Mehrwertsteuer auf Milchersatzprodukte, Fleischersatzprodukte und alle nach Bio-Standards erzeugten Produkte zu streichen.
siehe: Neun Ideen für gesunde Ernährung vom Bürgerrat zu Ernährung
Individuelles Handeln
Was kann jeder einzelne machen (Spoiler: das wichtigste ist politisch aktiv zu werden)? Viele Anregungen gibt es hier: Was kann ich gegen die Erderwärmung machen?
Negative Emissionen
Unser erstes Klimaziel ist es zunächst netto-Null-Emissionen zu erreichen. Weil sich manche Emissionen - etwa in der Landwirtschaft bei der Nahrungsmittelproduktion, kaum vermeiden lassen, muss dafür gesorgt werden, dass Treibhausgase wieder aus der Atmosphäre gebunden werden.
Ziel ist es darüber hinaus, nicht nur netto-Null-Emissionen zu erreichen, sondern die THG-Konzentration wieder zu senken, weil die gegenwärtige Konzentration die Erdmitteltemperatur auf einem zu hohen Niveau hält, bei dem Wetterextreme hohe Schäden verursachen und die Biodiversität bedroht ist.
Um die THG-Konzentration zu senken, muss CO2 in sogenannten CO2-Senken gebunden werden. Dafür kommen in Betracht: Moore, Wälder, Ozeane.
Statt Wälder (insbesondere Tropenwälder) zu roden, müssen wir sie aufforsten.
Trockengelegte Moore müssen - wo möglich - wiedervernässt werden. Mehr Infos zu Mooren gibt es hier.
Es gibt auch die Möglichkeit, technisch der Atmosphäre CO2 zu entziehen (CCS - carbon dioxide capture), das so gewonnene CO2 in Gesteinsschichten zu pressen und so dauerhaft der Atmosphäre zu entziehen. Dies ist eine wichtige Technik - allerdings sehr aufwendig und bisher nicht in der Lage, CO2 in relevanten Mengen der Atmosphäre zu entziehen. Alle Möglichkeiten, THG-Emissionen zu reduzieren, sind effizienter als CCS.
Umsetzung
Die anstehende Transformation der Gesellschaft hin zu Klimaneutralität ist eine riesige Herausforderung für alle.
Taxonomie
Für die Transformation, hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft, ist es wichtig, dass nachhaltiges Wirtschaften und nicht mehr fossile Industrien finanziert werden. Dafür hat die EU eine sogenannte Taxonomie zur Einordnung von Finanzprodukten eingeführt.
taz vom 18.3.2023: Das Risiko-Geschäft
Mit Krediten in Billionenhöhe finanzieren Banken die Ausbeutung neuer Gas- und Ölvorkommen. NGOs und EU-Parlamentarier wollten für diese Kreditgeschäfte jetzt einen Klima-Risikoaufschlag einführen – was dem Klimaschutz enorm geholfen hätte. Doch die Bankenlobby wehrte den Vorstoß ab
Klimabildung
Eine informierte Öffentlichkeit wird eher in der Lage sein, Klimaschutz zu gestalten. Deshalb ist Klimabildung ein wichtiger Beitrag für die anstehenden Transformationen.
Es gibt zahlreiche Informationsangebote, z.B.
Klimarat
Um die Transformation sozialgerecht umsetzen zu können, schlagen Sozialforscher Bürgerräte vor, die diese Prozesse mitgestalten.
- „Bürgerrat Klima“ – Wichtiger Beitrag zu Klimaschutz und zivilgesellschaftlichem Engagement
- Bürger*innenrat Klima
- Bürgerrat Klima: BürgerBegehren Klimaschutz e. V.
- youtube Pressekonferenz: Vorstellung der Ergebnisse, Bürgerrat Klima
- Spiegel vom 1.12.2020: Wenn zufällig ausgeloste Bürger plötzlich mitbestimmen
- Die Zeit vom 5.3.2021: Bürgerrat - Die Losbürger
- Die Zeit vom 19.3.2021: Bürgerrat - Das Parlament kann die Hilfe gebrauchen
(Mit Dank an Raphael Thelen für diese Liste).
Klima-Jobs
Bei den anstehenden Transformationen werden manche Arbeitsplätze wegfallen. Andererseits werden neue Arbeitsplätze entstehen. Die Wärmewende wird überhaupt nur in der notwendigen Geschwindigkeit umgesetzt werden können, wenn sich auch Menschen finden, die diese Arbeiten durchführen wollen.
Hier geht es zu einigen Klima-Jobs.
Scheinlösungen
In der politischen Diskussion um die anstehenden Transformationen werden auch immer wieder leere Schlagworte, Nischen- und Scheinlösungen diskutiert und propagiert (mehr dazu unter Schein- und Halblösungen der Klimakrise).
Fazit
Zur Begrenzung der Erderwärmung haben wir die Technologien. Es liegt an uns, diese umzusetzen. Es gibt so viel zu gewinnen.
Bücher und Studien zu Klimalösungen
- Schockwellen: Letzte Chance für sichere Energien und Frieden von Claudia Kemfert
- Machste dreckig - Machste sauber: Die Klimalösung von David Nelles und Christian
- So retten wir das Klima: Wie wir uns unabhängig von Kohle, Öl und Gas machen von Michael Sterner, Komplett Media Verlag
- Studie des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie zu einem Beitrag Deutschlands zur Einhaltung der 1,5-°C-Grenze - im Auftrag von Fridays for Future Deutschland
- Die IPCC-Berichte
- Scientists for Future: Klimaverträgliche Energieversorgung für Deutschland - 16 Orientierungspunkte
- Agora Energiewende: Wie Deutschland bis 2050 klimaneutral werden kann
- Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE: Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem
- Leopoldina: Den kritischen Zeitpunkt nicht verpassen - Leitideen für die Transformation des Energiesystems
- Leopoldina: Wenn nicht jetzt, wann dann - wie die Energiewende gelingt
Dazu eine Pressemitteilung der Leopoldina - Wege aus dem Klimanotstand - Forderungen von German Zero