SwitchCoal-Studie

Switch-Coal-Logo

 

 

aus Parents-Newsletter #30 (Dezember 2023)

KOHLEAUSSTIEG WELTWEIT PROFITABEL

Ein Großteil der 2515 Kohlekraftwerke weltweit kann noch vor 2030 durch erneuerbare Energien ersetzt werden – und das sogar höchst profitabel. Das zeigt die „SwitchCoal“-Studie, die rechtzeitig zu Beginn der Klimakonferenz COP 28 vorgestellt wurde. Durch die Abschaltung würden rund 10 Gigatonnen CO2 pro Jahr wegfallen – ein Viertel der gesamten weltweiten CO2-Emissionen.

STEILVORLAGE FÜR DIE KLIMABEWEGUNG

Die Studie liefert Zahlen und Argumente. Doch das reicht nicht. Nun müssen in den einzelnen Ländern politische Entscheidungen getroffen, Investoren ins Boot geholt, Bürger*innen begeistert und an den Gewinnen beteiligt werden. Am Zug sind daher nun die Klimagerechtigkeitsbewegung und die Umweltorganisationen. 

Erste Ideen für eine globale Kampagne und für Aktionen in Deutschland gibt es bereits, aber damit sie verwirklicht werden können, ist jede Unterstützung wertvoll. Wenn du mitmachen oder dich informieren möchtest, melde dich gerne beim WhatsApp-Empfang der P4F AG Energiewende.

Das fossile Energiesystem bedeutet gigantische Profite für wenige Konzerne und Länder, die daher ein großes Interesse daran haben, dass die Menschheit das Narrativ von „teuren“ und „unzuverlässigen“ erneuerbaren Energien glaubt. Sobald vom Umstieg auf regenerative Energien die Rede ist, wird die „Kostenfalle“ angeführt: Das nötige Tempo könne man sich finanziell nicht leisten. Und dann wird wieder einmal gebremst und blockiert. Die fossile Wirtschaft streicht die Gewinne ein, die Zeche zahlen die Kinder und der globale Süden.

Sofortiger Kohleausstieg: Es rechnet sich!

Aber was, wenn mal jemand nachrechnet und zeigt, dass es die Kostenfalle längst nicht mehr gibt – weil die Investition in Wind, Sonne und Batteriespeicher inzwischen billiger ist als selbst ein Weiterbetrieb (!) bestehender Kohlemeiler? Das zu prüfen war Gegenstand des Switch-Coal-Projekts. Schnell fand sich dafür ein Team aus Expert*innen, Scientists for Future war im Boot und Prof. Dr. Claudia Kemfert konnte für das Vorhaben gewonnen werden. Und siehe da, die Rechnung geht auf.

Die Studie belegt: 90% der 2515 Kohlekraftwerke in 76 Ländern weltweit können noch vor dem Jahr 2030 durch die Nutzung regenerativer Energien (Wind/Solar + Batterien) ersetzt werden. Eine Umstellung auf erneuerbare Energien ist zumeist hoch profitabel (siehe Abb.). Und die Stromkosten für die Gesellschaft verringern sich entsprechend spürbar. Ein Weiterbetrieb wäre daher eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Fehlentscheidung.

additional profit per plant

SwitchTool

Begleitend zur Studie wurde ein Online-Tool entwickelt, das SwitchTool, mit dem die Daten für die einzelnen Länder und Regionen sowie für jedes einzelne Kraftwerk abgefragt werden können. Auch in Deutschland ist die Abschaltung der verbliebenen 58 Kohlekraftwerke heute schon profitabel. Was die SwitchCoal-Studie nicht leistet, ist eine Detailplanung unter Berücksichtigung bereits ausgewiesener Anlagenstandorte oder Akzeptanzfaktoren. Sie bezieht auch keine Lösungen für Blockheizkraftwerke ein, die neben Strom auch Wärme liefern. Hier kommen z. B. Großwärmepumpen infrage.

Nutzung bestehender Infrastruktur

Für jeden Standort wurde anhand der lokalen Bedin- gungen die passende Kombination aus Wind, Solar und Batteriespeicher ermittelt. Plant man die Anlagen als „Kombikraftwerk“ in direkter Umgebung des alten Kohlekraftwerks, können Netzanschluss und Stromtrassen weiter genutzt werden. Das beschleunigt die Genehmigung und senkt die Kosten. Bereits nach 3 bis 5 Jahren geht die Anlage ans Netz. Derartige Kombikraftwerke entstehen bereits in aller Welt, z.B. in West Virginia (siehe Foto), Indien, Australien und natürlich in China. Große Projekte sind zwar weniger dezentral und partizipativ als z.B. private PV-Anlagen, aber eine Beteiligung von Kommunen und Bürger*innen ist dennoch möglich.

Zum Video oben: Beinahe hätte der Gouverneur von West Virginia gegen Joe Bidens Inflation Reduction Act gestimmt. Überzeugt hatten ihn u. a. die Arbeitsplätze und der günstige Strompreis. Bis 2026 wird dort ein großes Kohlekraftwerk ersetzt. Nebenan entsteht eine Fabrik für Solarmodule. Das Projekt wird vorgestellt in einem Vortrag von Dr. Ingo Stuckmann und Gerrit Heil (ab Min 16:56).

Letzte Chance für 1,5-Grad-Limit?

Nach Ansicht von Expert*innen ist der Kohleausstieg viel schneller zu bewältigen als der Ausstieg aus Öl und Gas, für den Millionen von Heizungen, Autos, Maschinen und Industrieanlagen umgestellt werden müssen. Die Autor*innen der Studie gehen davon aus, dass der Ausbau der Produktionskapazitäten und die (Um)Schulung von Personal mit der Nachfrage Schritt halten wird. Der weltweite Kohleausstieg sei so noch vor dem Jahr 2030 möglich. Das bedeutet einen Minderausstoß von 10 Gigatonnen CO2 p.a. – und vielleicht die letzte Chance, kritische Kipppunkte nicht zu überschreiten.

Thorsten Barth, P4F AG Energiewende