Schein- und Halblösungen der Klimakrise
In der politischen Diskussion um die anstehenden Transformationen auf dem Weg zur Klimaneutralität werden auch immer wieder leere Schlagworte, Nischen-, Halb- und Scheinlösungen diskutiert und propagiert.
Hier eine Einordnung einiger gängiger Nebelkerzen:
Technologieoffen
Alles spricht für Technologieoffenheit, aber der Begriff wird immer wieder eingesetzt, um an alten Technologien festzuhalten. Wo klar ist, dass bestimmte Technologien an ihr Ende gekommen sind, müssen wir den Mut haben, auf diese zu verzichten (Beispiele: Verbrenner PKWs, Öl-, Kohle- und Gasheizungen).
Wir haben auch keine Zeit, auf neue Technologien zu warten, die noch nicht massenmarktfähig sind. Solche Technologien sollen marktreif entwickelt werden; aber das darf uns nicht bremsen, die Technologien, die einsetzbar sind, auch einzusetzen.
eFuels, synthetische Kraftstoffe, Wasserstoff, Bio-Sprit, hydriertes Pflanzenöl
Solche Substanzen sind die Champagner der Energieträger - sie sind wichtig und sollten dort eingesetzt werden, wo keine anderen Alternativen zu den fossilen Energieträgern zur Verfügung stehen: bei der Stahl- und Zementproduktion, beim Fliegen, ggf. in der Schifffahrt und einigen andern Anwendungen. Zum Heizen, und für PWKs sind diese Stoffe zu kostbar.
Weitere Informationen:
- Der kürzeste E-Fuels-Crashkurs der Welt
- PIK: E-Fuels wahrscheinlich noch lange knapp
- PIK Analyse-Papier: E-Fuels - Aktueller Stand und Projektionen
- Spektrum.de E-Fuels: Zu schade für Autos
- freitag.de: E-Fuels sind nicht klimaneutral!
- Fraunhofer-Institut: Eine kritische Diskussion der beschlossenen Maßnahmen zur E-Fuel-Förderung im Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung der Bundesregierung vom 28.3.2023
Weitere Informationen zu Wasserstoff
- Rechtsgutachten bestätigt: Kommunale Wärmeplanung mit Wasserstoff ist derzeit nicht verantwortbar
- H2-Ready: Die Kostenfalle im Gebäude
- Bedeutung es Wasserstoffs für die Energiewende
- SRU Sachverständigenrat für Umweltfragen: Stellungnahme · Erscheinungstag 23.06.2021:
Wasserstoff im Klimaschutz: Klasse statt Masse
HVO – HVO100
Herkömmliches Benzin, Diesel, Strom als Energiequelle für Mobilität sind allgemein bekannt, aber was ist HVO? Und welche Vor- oder Nachteile hat hydriertes Pflanzenöl HVO (hydrotreated vegetable oil) für Natur und Umwelt? Der NABU hat gemeinsam mit anderen Umweltverbänden wie dem Deutschen Naturschutzring einen neun-seitigen Faktencheck erarbeitet und Hintergrundinformationen zusammengefasst.
Fazit: Viel heiße Luft und wenig Nutzen
Faktencheck HVO - Kraftstoffe aus biogenen Abfall- und Reststoffen
CSR - CCS
Es wird eine wichtige Technik werden, CO2 aus der Atmosphäre auszuscheiden. Allerdings ist diese Technik sehr aufwendig und teuer und noch nicht ausgereift. Wenn heute gefordert wird, diese Technologie einzusetzen, dann häufig, um die Illusion zu verbreiten, mit dieser Technik könnten unsere Probleme gelöst werden, ohne dass wir andere Veränderungen umsetzen müssten. In der öffentlichen Diskussion darf CCS in keinem Bullshit Bingo fehlen - obwohl dies in unterschiedlichen Spielarten (wo wird CO2 ausgeschieden: aus der Atmosphäre oder Abgasen und was geschieht mit dem extrahierten CO2) eine wichtige Rolle spielen wird.
Die Lagerung von CO2 in alten Erdgas oder Erdöl-Feldern ist keines Falls sicher. Das Risiko, dass das CO2 von dort in die Atmosphäre entweicht ist sehr hoch.
Aus Rauchgasen lässt sich das CO2 nur zu einem Teil abscheiden, so dass beim Verbrennen fossiler Energien auch mit CO2-Abscheidung weiter CO2 emittiert wird.
Die Abscheidung des CO2 aus Abgasen und der Transport des CO2 ist energieaufwändig.
Weitere Informationen:
- IPCC Carbon Dioxide Capture and Storage
- The State of Carbon Dioxide Removal
- Vortrag: Hacking the Climate - Mit Climate Engineering raus aus der Klimakrise?
- BUND Klimaschutz statt CO2-Endlager!
- S4F: Perspektiven auf negative CO2-Emissionen
- Runder Tisch erneuerbare Energien: CCS: Stoppt den industriellen Hochlauf!
- BI gegen CO2-Endlager: Was ist CCS?
Carbon Capture and Storage: Warum ist der Glaube an diese „Negativemission“ so gefährlich?
Kernkraftwerke
+++ Atomenergie ist keine Lösung für die Klimakrise!
[17.11.2021]
Mitten in der Klimakrise bewirbt die Atomlobby Atomkraft als angeblich einfache Lösung für das Klimaproblem. Auch in den Kommentaren unserer SocialMedia-Accounts tauchen seit Monaten immer mehr Troll-Accounts auf, die Atomkraft als Allheilmittel anpreisen.
All den Lobbygruppen sagen wir ganz klar: Eine gerechte und für alle Menschen lebenswerte Zukunft ist nur ohne Atomkraft möglich.
Die Gründe dafür sind für uns u.a.:
- Die Nutzung der Atomenergie führt immer zu radioaktivem Müll, der über tausende von Jahren sicher gelagert werden muss und daher ein unkalkulierbares Risiko für künftige Generationen darstellt.
- Eine rein "zivile" Atomkraft gibt es nicht – Atomenergie birgt immer die Gefahr der militärischen Nutzung.
- Die Erzeugung von Strom aus Atomenergie ist eine zentralisierte Form der Energiebereitstellung und steht damit im Widerspruch zu einer echten demokratischen Perspektive hinsichtlich Stromproduktion, -verteilung und -verbrauch.
- Gelder, die jetzt zur Subventionierung der Atomkraft genutzt werden, fehlen beim notwendigen Übergang zu einer nachhaltigen, erneuerbaren Stromerzeugung, wodurch die Klimakrise weiter verschärft wird.
- Strom aus Atomenergie ist zudem teuer und die eventuelle Errichtung von Atomkraftwerken würde viel zu lange dauern, als dass hiermit ein rechtzeitiges Aufhalten der Klimakrise möglich wäre.
Die Atomkraft steht somit beispielhaft für fundamentale Ungerechtigkeiten, auf denen Gesellschaften weltweit aufgebaut sind. Deshalb sprechen wir uns gegen die weitere Nutzung der Atomkraft aus und unterstützen auch die weltweite Kampagne Don‘t Nuke the Climate! Mehr dazu:
Don't nuke the Climate - Why Nuclear Power cannot solve the Climate Crisis
Beitrag: Social Media AG
Weitere Informationen
- S4F: Kernenergie keine Technologie zur Lösung der Klimakrise
- P4F Atomausstieg: Erfolg der Zivilgesellschaft für Generationengerechtigkeit
Fusionsreaktor
Prototypen von Fusionsreaktoren werden nicht vor Mitte des Jahrhunderts zur Verfügung stehen. Der Zeitraum von 20 bis 30 Jahren für diesen Entwicklungsschritt wird schon seit mindestens 50 Jahren genannt. Selbst wenn in ferner Zukunft Fusionsreaktoren eine Rolle in unserer Energieversorgung spielen sollten, müssen wir die Klimakrise jetzt ohne Fusionsreaktoren lösen. Die Kernfusion auf der Sonne liefert uns auch ausreichend Energie, so dass das möglich ist.
+++ Erdgas - Brandbeschleuniger fürs Klima
Als "Brückentechnologie" wird uns Erdgas immer wieder von führenden Politiker*innen angepriesen. Angeblich könne man damit nach dem Abschalten der Kohlekraftwerke übergangsweise Strom produzieren, bis durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien der Bedarf in Deutschland gedeckt werden kann.
Wie aus dem unten verlinkten Diskussionsbeitrag der ScientistsForFuture hervorgeht, sind die beim Einsatz von Erdgas zu erwartenden Gesamtemissionen aber ähnlich hoch wie die bei der Kohleverbrennung entstehenden. Hauptgrund ist Methan, welches Hauptbestandteil des für Endverbraucher*innen bereitgestellten Gasgemisches ist, aber bei Förderung, Lagerung, Transport und Verbrauch von Erdgas entweicht.
Die Treibhauswirkung von Methan ist 20-87 mal stärker ist als die von CO2. Allerdings werden die verursachten Methan-Emissionen beim Vergleich mit anderen Energieträgern häufig nicht berücksichtigt. Bei rund 18,3 Milliarden Euro, die allein in Deutschland für den Bau von Kraftwerken, Gasnetzen und Flüssigerdgas-Terminals und die Erwirtschaftung entsprechender Gewinne geplant sind, ist das nicht verwunderlich.
So zeigt sich auch hier wieder, aus welchem Grund uns die Bundesregierung ihre Vision von der "Brückentechnologie" Erdgas anpreist: Es geht nicht um Klimaschutz, sondern - wie zu erwarten - um den Schutz der fossilen Energiekonzerne.
Und was lernen wir daraus? Die Wahl am 26.09. entscheidet über unsere Zukunft!
Erfahrt mehr: Diskussionsbeitrag der ScientistsForFuture
Beitrag: Social Media AG