Auswirkungen des russischen Krieges auf die Natur

Die Stille Katastrophe

Auswirkungen des russischen Krieges auf die Natur

erschienen im Parents-Newsletter #38 (Januar 2025)

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat nicht nur menschliches Leid verursacht, sondern auch eine der größten Umweltkatastrophen unserer Zeit ausgelöst. Wälder wurden niedergebrannt, Flüsse vergiftet, seltene Tierarten stehen kurz vor dem Aussterben. Doch diese Krise bleibt weitgehend unsichtbar

Ein erschreckendes Beispiel ist die Zerstörung des Kachowka-Staudamms: Über 600km² wurden überflutet, was nicht nur Menschenleben forderte, sondern auch Zehntausende Tiere und Pflanzen in einem geschützten Gebiet des Smaragd-Netzwerks auslöschte. Diese Zerstörung hat langfristige Auswirkungen auf die Biodiversität und die Stabilität der Ökosysteme.

Den Verbrechen auf der Spur

Russischer Krieg in der UkraineDie Besetzung ukrainischer Gebiete erschwert den Zu gang für Umweltschützer*innen und Forscher*innen. Die dokumentierten Schäden zeigen jedoch, dass die Folgen tiefgreifend sind:

  • Bodenverseuchung: Chemische Kontamination des Bodens durch Kraftstoffe, Schmiermittel, Lösungsmittel und giftige Schwermetalle (Blei, Kadmium, Arsen, Chrom) gefährdet die biologische Vielfalt erheblich.
  • Zerstörte Wälder: Bis zu 30% der ukrainischen Wälder wurden durch kriegsbedingte Brände und Russlands Taktik der „verbrannten Erde“ zerstört. Diese Verluste, die etwa 3 Millionen Hektar umfassen, verschärfen die globale Klimakrise erheblich. Wälder, die einst Kohlenstoff speicherten, tragen nun durch ihre Zerstörung zur Erwärmung bei – ein schwerer Rückschlag im Kampf gegen den Klimawandel.
  • Verminte Gebiete: Der russische Einmarsch hat mit 174.000 km² das größte verminte Gebiet weltweit geschaffen – eine Fläche, die Belgien, Niederlande, Schweiz, Slowenien und Dänemark zusammen entspricht.
  • Kachowka-Staudamm: Die Zerstörung führte zum Verlust des gesamten Unterwasserlebens im Stausee, darunter 11.400 Tonnen Fische und etwa 10.000 Weichtiere. Etwa 20.000 Landtiere ertranken.
  • Bedrohte Arten: Rund 1.350 Pflanzen- und Tierarten sind geschädigt. 80 Tierarten wie das europäische Bison, der eurasische Luchs und der Braunbär sind in der Ukraine vom Aussterben bedroht.

Vertrocknetes Wasserreservoir in  KachowkaAuch die Flüsse der Ukraine bleiben nicht verschont. Russland hat absichtlich chemische Abfälle in den Fluss Seym eingeleitet, der in die Desna mündet, und damit eine ökologische Katastrophe verursacht. „Alles ist tot“, berichtet Serhiy Kraskov, der Bür germeister von Slabyn, Tschernihiw Region, und unterstreicht die schrecklichen Folgen dieses ekozidalen Aktes. Eine toxische Substanz, beste hend aus Ammoniak, Magnesium und anderen Nitraten, hat über 650km Flüsse verseucht und alles Leben ausgelöscht – von den kleinsten Fischen bis zu großen Welsen. Die Desna, einst ei ner der saubersten Flüsse der Ukraine, wird nun als der „erste tote Fluss Europas“ bezeichnet.

Da der Zugang zu den von Russland besetzten Gebieten nicht möglich ist, ist es schwierig, sich ein vollständiges Bild von den Umwelt schäden zu machen, so dass die Zerstörung noch viel größer sein könnte.

Gibt es Hoffnung im Chaos?

Trotz der düsteren Lage zeigt die Ukraine eine außergewöhnliche Widerstandskraft und beeindruckt mit bahn brechenden Initiativen, die Hoffnung für die Zukunft schaffen.

Wie deutsche Organisationen ukrainischen Tieren helfen 

TierschutzSeit fast zwei Jahrzehnten engagiert sich der Deutsche Tierschutzbund mit einem Tierschutzzentrum in Odessa. 
Hier wurden Tausende Tiere gerettet, medizinisch versorgt und kastriert – eine Arbeit, die die Zahl streunen der Hunde von 80.000 auf 3.000 reduzierte. Selbst während des Krieges wird die Arbeit fortgesetzt: Über 4.230 verletzte Tiere wurden behandelt, viele davon Opfer von Explosionen und Umweltverschmutzung nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms.

Gut Aiderbichl, eine Organisation aus Deutschland, hat hunderte Hunde und Katzen aus der Region Donezk gerettet. Unter schwierigen Bedingungen wurden die Tiere nach Osnabrück gebracht, wo sie medizinisch versorgt und rehabilitiert werden. Zusätzlich werden Futter und Hilfsgüter an Tierschützer*innen in der Ukraine geliefert, um auch die Tiere vor Ort zu unterstützen.

Ukrainische Innovationen, die die Welt verändern könnten

Auf der Klimakonferenz COP29 präsentierte die Ukraine eine weltweit erste Methode zur Berechnung von Treibhausgasemissionen durch Kriege. Entwickelt wurde diese bahnbrechende Innovation von der NGO Ecoaction in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Umweltschutz und natürliche Ressourcen der Ukraine. Diese Methode zeigt, dass der Krieg seit seinem Beginn 175 Millionen Tonnen CO2 verursacht hat – mehr als die jährlichen Emissionen vieler europäischer Länder. Die Methode fordert nicht nur zur globalen Rechenschaftspflicht auf, sondern schafft auch ein Werkzeug für zukünftige Konfliktanalysen.

Ecoaction hat eine interaktive Karte erstellt, die Umweltschäden durch den Krieg sichtbar macht. Die Karte zeigt Fälle wie Explosionen an Industrieanlagen, nukleare Gefahren und die Zerstörung von Ökosystemen. Diese Daten sind ein wichtiger Schritt, um die Folgen des Krieges zu verstehen und zukünftige Wiederaufbaupläne zu unterstützen.

Zerstörungen im russischen Krieg gegen die Ukraine

 

Zerstörung und Wiederaufbau des ukrainischen Energiesystems: Russische Angriffe haben über 50% der ukrainischen Energieinfrastruktur zerstört und Millionen von Menschen ohne Strom und Wärme zurückgelassen. Doch selbst in diesen schwierigen Zeiten baut die Ukraine ein neues Energiesystem auf, das weltweit als Vorbild dienen kann.

Russischer Krieg in der UkraineSchlüsselprinzipien: Dezentralisierung und erneuerbare Energien: Die Dezentralisierung der Energieversorgung ist für die Ukraine zur zentralen Lösung geworden. Traditionelle, zentralisierte Energiesysteme mit großen Kraftwerken sind anfällig für massive Angriffe, die ganze Regionen lahmlegen können. Im Gegensatz dazu setzt die dezentrale Modell auf lokale Energiequellen wie Solaranlagen, Windparks oder kleine Biogasanlagen, die Flexibilität und Widerstandsfähigkeit gewährleisten.

Ein Beispiel dafür sind Solarkraftwerke in Schepetyzkyj und Nowowolynsk, die Krankenhäuser auch bei Stromausfällen mit stabiler Energie versorgen. So wird das Entbindungsheim in Nowowolynsk jährlich Kosten sparen und die CO2-Emissionen um 12 Tonnen reduzieren. Diese Projekte wurden von EcoAction in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) umgesetzt.

Neue Windkraftwerke: Trotz des Krieges hat die Firma DTEK die erste Phase des Tyligul-Windparks mit einer Kapazität von 114 MW fertiggestellt. Dieses Projekt ist Teil der Initiative „30 bis 2030“, die eine Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien in der Ukraine auf 30 GW vorsieht. Die Windturbinen in den Karpaten erzeugen bereits Strom, unterstützen das Energienetz der Ukraine und reduzieren die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen.

Interessiert, mehr über die unsichtbare Umweltkrise in der Ukraine zu erfahren?

Mehr Informationen, Hintergründe und Details zu diesem Thema finden Sie auf der Webseite von Vitsche.

Hier mehr lesen: https://vitsche.org/de/ecology/

Kateryna Demerza
Vitsche e.V., Head of communications