COP28
Weltklimakonferenzen: top oder flop?
aus Parents-Newsletter #31 (Januar 2024)
Vom 30.11. bis 12.12.2023 fand in Dubai die 28. Weltklimakonferenz (COP28) statt. Wenngleich die Ergebnisse von vielen Regierungen als historisch bezeichnet wurden, so liegen sie doch weit hinter den Erfordernissen zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze zurück. Welchen Beitrag zum Klimaschutz können die COP-Konferenzen leisten? Welche alternativen Ansätze bieten sich an?
Im Abschlussdokument der COP28 wurde erstmalig das Ende der fossilen Ära benannt: Die Vertragsstaaten haben sich auf eine beschleunigte und gleichzeitig gerechte und geordnete Abkehr von allen fossilen Brennstoffen in den Energiesystemen geeinigt, um Netto-Null-Emissionen bis 2050 zu erreichen. Als wichtige Maßnahmen bis 2030 wurden die Verdreifachung der global installierten Kapazität an erneuerbaren Energien und die Verdopplung der Energieeffizienz beschlossen. Ein Grund zum Feiern?
In diesem Beitrag werden einige wichtige Themen der COP28 nicht behandelt. Dazu gehören die erste globale Bestandsaufnahme ("First global stocktake") zur Umsetzung des Pariser Abkommens von 2015, der aufgesetzte Fonds für Schäden und Verluste (Loss and Damage Fund), die Frage nach den "gerechten Übergangspfaden" und Fragen der Finanzierung. Einen tiefergehenden Einblick in den COP-Mechanismus, seine Arbeitsbereiche und seine Ergebnisse liefert die Analyse von Germanwatch.
Zugleich gibt es im Dokument Schlupflöcher und Scheinlösungen wie die Nutzung von AKW, die Kohlenstoffabscheidung (CCS, CCU) und – besonders besorgniserregend – die Anerkennung der Rolle von sogenannten Übergangskraftstoffen. Das erst 2023 eingeführte Klimaschutz-Arbeitsprogramm (Mitigation Work Programme, MWP), das die existierende Ambitions- und Umsetzungslücke bis 2030 schließen sollte, wurde deutlich abgeschwächt. Ebenso wenig erfolgreich waren die Arbeiten am Arbeitsprogramm für gerechte Übergangspfade (Just Transition Pathways Work Programme, JTWP).
Welches Potential hat der COP-Prozess?
Im Verhandlungsprozess für die COP-Abschlussdokumente wurden einige Pflöcke eingeschlagen, die nationale und internationale Klimaschutzanstrengungen unterstützen. Dazu gehört beispielsweise die Festschreibung des 1,5-Grad-Limits oder aktuell das Ziel einer Abkehr von fossilen Brennstoffen. Positive Prozesse können bei guter Vorarbeit von ambitionierten Ländergruppen angestoßen werden, wie die jetzt beschlossene Verdreifachung der erneuerbaren Energien zeigt. Doch insgesamt sind die Ergebnisse zu vage, die Ziele zu schwach und es fehlen Fahrpläne mit konkreten Maßnahmen zur Erreichung wenigstens der formulierten Ziele. Zur Verbesserung des COP-Prozesses werden von einigen neue Regeln vorgeschlagen, wie ein Teilnahmeverbot für fossile Lobbyisten oder eine Neustrukturierung des Weltklimarats (IPCC), um ihm mehr Befugnisse zu geben und die Rolle der Wissenschaftler*innen zu stärken.
Andererseits passiert während der Klimaschutzkonferenzen viel mehr als die Erstellung des Abschlussdokuments. Sie bieten vielfältige Kontaktmöglichkeiten zwischen Politik, Wissenschaft, NGOs und (auch kleineren) Firmen, wie Doris Vollmer von der Max-Planck-Gesellschaft berichtete. Auf der COP28 bot sich beispielsweise ein Forum für die Verbreitung der Switch Coal-Studie.
Die Zivilgesellschaft ist gefordert
Fest steht: Mit den auf der COP28 beschlossenen Zielen und Maßnahmen kommen wir nicht auch nur in die Nähe des 1,5-Grad-Limits. Die in Dubai beschlossenen Ausbaupfade für erneuerbare Energien z. B. liegen nach Aussage von Hans-Josef Fell deutlich unter den derzeit vorhandenen Möglichkeiten, sind also letztlich eine Ausbremsung des Potentials dieser Energien. Was möglich ist zeige aktuell China, das im Bereich der Photovoltaik eine Verdopplung alle zwei Jahre erreicht. Um das jahrzehntelange Versagen der Weltklimakonferenzen auszugleichen, sind, so Fell, gesteigerte Aktivitäten der Zivilgesellschaft zusammen mit Unternehmen notwendig. Er nennt hier drei mögliche Bereiche: Die Gründung von Energiegenossenschaften, gesellschaftliches Engagement um politische Entscheidungsprozesse zu beeinflussen und Divestment.
Im Rahmen der globalen Divestmentbewegung werden Finanzinvestitionen in fossile Geschäfte reduziert. Mehr als 1.600 Institutionen haben sich mittlerweile mit einem Vermögen von 41 Billionen Dollar von fossilen Brennstoffen zurückgezogen. Mit der Divestmentstrategie werde, so erläutert Telepolis, nicht auf den wirtschaftlichen Bankrott abgezielt, sondern darauf, den Einfluss fossiler Unternehmen zu schmälern und sie zu Außenseitern zu machen.
Als Beispiel für zivilgesellschaftliches Engagement nennt Fell zum einen die regionale Klimakonferenz (RegioCOP) für Oberfranken: In 16 Teilkonferenzen wurden mit über 300 Teilnehmenden detaillierte Forderungen erarbeitet und anschließend den örtlichen Entscheidungsträgen übergeben.
Ein weiteres Beispiel ist die Entwicklung von "FutureLabs" in Schweinfurt. Hier suchen Schüler*innen Lösungen gegen die Klimakrise, erfahren dabei Selbstwirksamkeit und tragen das Virus der Veränderung in die Erwachsenenwelt.
Wolfgang Schöllhammer, OG Mainz