Parents For Future bei der Konferenz Stockholm+50
Johannes Wittlinger, Parents For Future Deutschland e. V.
vor-Ort-Bericht aus Stockholm
erschienen im Newsletter #19 (Juni 2022)
Vom 5.-16. Juni 1972 fand in Stockholm erstmals eine UN-Konferenz über die menschliche Umwelt statt. Resultat war die Stockholmer Deklaration mit ihren 26 Prinzipien und ein Aktionsplan. Die Konferenz gilt als Beginn der internationalen Umweltdiplomatie, das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) geht auf die Konferenz zurück.
50 Jahre danach wollte Schweden, gemeinsam mit dem Mitausrichter Kenia, neue Impulse setzen: Die Idee zur Nachfolgekonferenz Stockholm+50 war geboren. Und wir Parents waren dabei! Über den Parents For Future Deutschland e. V. konnten wir fünf Delegierte entsenden, gemeinsam mit Parents For Future Austria hatten wir zehn Plätze. Schnell war klar, dass wir mit den Global Parents eine internationale Delegation aufstellen wollten. Unsere Repräsentant*innen kamen aus Polen, Botswana, Indien, Deutschland, Österreich, Nigeria, Kolumbien und Schweden.
Der große Durchbruch blieb bei Stockholm+50 leider aus. Es ging aber einen Schritt (oder wenigstens ein Schrittchen) in die richtige Richtung. Das Pariser Abkommen (COP 21) hatte zwar ein Ziel vorgegeben (möglichst 1,5 °C) aber die Hauptursache der Klimaerwärmung, fossile Energieträger, wurde nicht einmal erwähnt. Die Klimakonferenz 2021 in Glasgow (COP 26) war die erste, bei der fossile Energieträger Erwähnung fanden. Es wurde eine „Reduzierung unverminderter Energieerzeugung aus Kohle empfohlen und die Abschaffung ineffizienter Subventionen für fossile Energieträger“ (Empfehlung 36, Seite 5). Bedenkt man die katastrophalen Auswirkungen der Verbrennung fossiler Kraftstoffe, wird schnell klar, wie unzureichend diese Empfehlung ist. Stockholm+50 geht in seinen Abschlussempfehlungen (Empfehlung 3) eindeutig darüber hinaus:
„Die Einführung tiefgreifender Änderungen an der Wirkungsweise unseres ökonomischen Systems um zu einem gesunden Planeten beizutragen. Dazu müssen neue Indikatoren für Fortschritt und für das menschliche Wohlbefinden definiert und eingeführt werden, unterstützt durch eine Wirtschafts- und Finanzpolitik, die den Wert der Umwelt berücksichtigt. Investitionen in Infrastruktur, effektive politische Maßnahmen sollen einen globalen Dialog anregen, um nachhaltigen Konsum und nachhaltige Produktion anzuregen. Förderung des Ausstiegs aus fossilen Energien, verbunden mit der gezielten Unterstützung der Ärmsten und Gefährdetsten in Einklang mit den nationalen Gegebenheiten und die Notwendigkeit von finanzieller und technischer Unterstützung, um eine gerechte Transformation zu erreichen.“ Immer noch zu wenig, aber besser als jemals zuvor.
Kernstück der Parents-Strategie für die Konferenz war der von den Global Parents zur Konferenz veröffentlichte Brief mit der Forderung, die Ära der fossilen Brennstoffe zu beenden. Wir schließen uns dabei den Kernforderungen der Initiative für einen NICHTVERBREITUNGSVERTRAG FÜR FOSSILE ENERGIEN (Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty) an. Diese fordert einen verbindlichen globalen Plan über:
+++ den Stopp neuer Kohle-, Öl- oder Gasförderung
+++ den sukzessiven und gerechten Ausstieg aus der bestehenden Produktion fossiler Brennstoffe unter Berücksichtigung der jeweiligen Abhängigkeiten von fossilen Energien und den Möglichkeiten der Länder zur Umstellung
+++ einen global gerechten Übergang zu einer 100%igen Versorgung mit erneuerbaren Energien weltweit
Der Brief ist äußerst lesenswert. Wir freuen uns über jede Unterschrift – ob von Einzelpersonen oder von Organisationen. Wir sammeln bis zur COP 27 im November Unterschriften.
Wir waren in Stockholm vertreten:
- beim pre-Summit des Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty. Unser Delegationsmitglied Bhavreen Kandhari, Gründerin der „Warrior Mums“ aus Indien, sprach beim Panel über die schrecklichen Auswirkungen der durch fossile Brennstoffe verursachten Luftverschmutzung in ihrer Heimatstadt Delhi. Wir anderen betreuten einen Stand im Foyer und drehten mehrere Unterstützervideos für unseren Parents-Brief.
- Bhavreen wurde in der auflagenstärksten schwedischen Tageszeitung Dagens Nyheter portraitiert.
- beim Peoples Forum (dem Beitrag der schwedischen Zivilgesellschaft zur Konferenz) in der Stockholmer Innenstadt mit der Vorstellung des Briefes und Berichten über die Situation in Deutschland, Indien, Polen, Kolumbien, Österreich, Schweden und Botswana.
- im Stadtbild mit unseren wunderschönen „Because We Love Our Children“-Plakaten. Dank dafür an Yasemin Akyuz. Oder mit dem zweiten Motiv, dem Buch, dessen neue Seite wir aufschlagen müssen. Dank hierbei an Anita Bagdi.
- bei der Demonstration am Mittwoch auf dem Sergels Torg.
- durch Thato Angelina Gabaitse aus Botswana im Leadership Dialogue 3 der Konferenz.
- durch uns alle im gesamten Konferenzzentrum, das Gespräch suchend, Kontakte knüpfend, unsere Postkarten verteilend. UN-Generalsekretär António Guterres, der Sondergesandte für das Klima des US-Präsidenten John Kerry oder Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Tweet) haben alle eine Postkarte erhalten und von Parents For Future gehört.
- bei der Demonstration innerhalb des Konferenzzentrums am zweiten Konferenztag. Christian Zauner aus Österreich brachte dabei unseren Standpunkt ein.
- bei einem Treffen mit dem Präsidenten von COP 26 Alok Sharma.
- durch Simon Ezike aus Nigeria bei der Pressekonferenz des Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty.
- bei der Fridays-For-Future-Demo am Freitagmittag in der Stockholmer Innenstadt.
- Angelina hatte zudem noch die Möglichkeit, den Präsidenten Botswanas zu treffen.
Für uns eine erfolgreiche Konferenz. Zahlreiche Kontakte wurden geknüpft und vertieft. Eine direkte Akkreditierung bei UNEP scheint möglich, eventuell sogar die Etablierung von „Parents“ als 10. offizielle Stakeholder-Gruppe der Vereinten Nationen. Wir werden wahrgenommen, Johan Rockström erwähnte in einem Panel unseren Beitrag, Christian wurde bei einer Kaffeepause von einem Direktor der Food and Agriculture Organization (FAO) angesprochen mit einem Dank und einer Gratulation für unseren Einsatz. Im Hinblick auf die COP 27 in Sharm el-Sheikh konnten wir viele Erfahrungen sammeln. Ein großer Dank auch an die schwedischen Parents, die uns vor Ort toll unterstützt haben.
Noch einige weitere Impressionen: