Interview SPD Hans Peter Storz

Jens Mühlhoff
Jens Mühlhoff • 20 Februar 2021
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Landtagskandidat Hans-Peter Storz SPD

Aktiv als Pastoralreferent gegen Autorennen in der Singener Südstadt, 2009 Singener Gemeinderat, Mitglied im Kreistag, 2011 Landtagsmandat, Religionslehrer Robert Gerwig Schule (Nachhaltigkeit im Reli-Unterricht- bewusster Konsum)

Übergeordnet

  • Kennen Sie das aus dem Pariser Abkommen abgeleitete THG-Budget von Deutschland und Baden-Württemberg? Wie stehen Sie dazu?

Ich kenne das Klimaabkommen. Die Umsetzung ist kein Selbstläufer wie man an der Regierungszeit von Donald Trump gesehen hat – ein weltweites Miteinander ist notwendig, Das Land Baden-Württemberg und die Bundesrepublik Deutschland müssen ihren Anteil leisten, indem sie das Budget einhalten.

  • Wird ein konkrete, effektiver Reduktionspfad für Treibhausgase vorgelegt?
    (z.B. wäre das mittels Reduktionsziel für 2030 im Vergleich zu 1990 zu messen)

Im Parteiprogramm der SPD ist ein Reduktionspfad enthalten. Es ist die Frage, ob ein linearer Absenkpfad sinnvoll ist. Vielleicht schafft uns die Wasserstofftechnologie Spielräume, so dass in einigen Jahren die Absenkung leichter erfolgen kann. Wir sind für ein Verbot von Ölheizungen und eine Photovoltaikpflicht auf Neubauten sowie den Ausbau der Windkraft. Im Landkreis Konstanz wurde der Klimaschutz vorangetrieben durch Personalausbau. Wärmetauscher, Solarthermie sind weiter Möglichkeiten, den Kohlenstoffdioxidausstoß zu senken.

Aus Sicht der Ökologie ist eine Absenkung so schnell wie möglich notwendig. Die SPD hat darüber hinaus die ökonomische und soziale Dimension im Blick. Es kann nur so viel Absenkung geben, wie bezahlbar ist und von der Bevölkerung sozial getragen wird. Wenn beispielsweise durch die CO2 Bepreisung; Mieten steigen das wird nicht toleriert – deshalb ist eine begleitende Förderung  nötig. Klimaschutz müssen sich die Menschen leisten können.

Die Industrie muss umgebaut werden, aber in Singen haben wir energieintensive Industrien. Die Umstellung muss politisch begleitet werden.

Außerdem muss mehr Geld in Forschung investiert werden, um der Industrie Lösungen anzubieten zu können.

  • Setzen Sie sich für eine CO2-Steuer oder Zertifikate Handel ein?

Beides sind sinnvolle Instrumente – bei der Steuer muss auf Sozialverträglichkeit geachtet werden. Die CO2 Steuer hat auch eine Signalwirkung, sie weckt die Leute auf schafft ein Problembewusstsein. Nicht jeder kann sich die Mehrkosten leisten. Deshalb brauchen wir begleitende Förderungsprogramme.

Mobilität: Wie soll die Verkehrswende gelingen?

  • Wie soll ihrer Meinung nach der ÖPNV für die Bevölkerung vergünstigt und insgesamt attraktiver gemacht werden?

In diesem Bereich ist die SPD in Land und Stadt aktiv. Wir haben die Forderung nach dem 365 Euro Ticket im Land und in Singen. Die Taktung muss attraktiv sein auch im ländlichen Bereich. Wir brauchen kreative Ideen, gibt es andere Formen des ÖPNV als Busse., z.B. on demand Angebote (Rufbus). Natürlich brauchen wir den Ausbau der Schiene – man muss durch Streckenreaktivierung z.B. die Etzvwiler Bahn ins Schienennetz nehmen. Außerdem brauchen wir den Ausbau der Fahrradstraßen – Schnellfahrstrecken wie Singen-Konstanz und Umweltstraßen für Lastenräder.

  • Welche Maßnahmen zur Reduktion von Mobilität befürworten Sie?
    (Reduktion der Parkplätze, Rückbau von Autobahnen, deutliche Verteuerung von Flügen)

Ich kann mir den Rückbau der überirdischen Parkplätze plus eine Verteuerung der Parkgebühren vorstellen und Reduktion der Kosten des ÖPNV. Im Flugverkehr brauchen wir die Kerosinsteuer.

Stadtplanung und Bauwesen inkl. Wärme

  • In welcher Form ist eine umfangreiche energetische Sanierung für Gebäude geplant? Welche Pläne unterstützen Sie, den Gebäudebereich klimaneutral zu gestalten?

Hier habe ich ein „gespaltenes Herz“ – bei älteren Gebäuden ist es teilweise schwierig, 12cm Styropor aufzubringen. Da sind hohe Standards im Neubau besser. Die PV-Pflicht für Neubauten habe ich schon genannt. Bei neuen Stadtquartieren soll Wärme durch Wärmepumpen oder Quartierslösungen bereitgestellt werden. Auch andere Klimawirkungen werden beim Bauen berücksichtigt z.B. Windflüsse zur Wärmeabfuhr.

Im Altbau sehe ich die Möglichkeit von Heizungserneuerung, Fenstertausch und Dachdämmung, hier gibt es bereits Förderprogramme.

  • Planen Sie eine verpflichtende klimaneutrale Wärmeversorgung der Kommunen?

Das ist Zukunftsmusik – ich habe gerade das Parteiprogramm in diesem Punkt nicht im Kopf. Wir haben in vielen Gebäuden schon Maßnahmen umgesetzt z.B. Pelletsheizung beim Hegau-Gymnasium. Kommunen müssen in die Vorreiterrolle gehen.

  • Wird in zukünftigen (auch privaten) Bauvorhaben der Erhalt und die Förderung der Biodiversität berücksichtigt?

Bei Neubau machen wir Vorgaben zur Bepflanzung und Gestaltung der Gärten. Städtische Flächen, die in der Landwirtschaft verpachtet werden, haben Blühstreifen Auflagen.

 

Energieversorgung: Wie soll die Energiewende gestaltet werden?

  • Wie stehen Sie zum Ausbau der Windenergie im Landkreis Konstanz?

Ich befürworte den Ausbau der Windenergie im Kreis Konstanz. Ich würde mir mehr wünschen, aber die grün-schwarze Landesregierung blockiert sich auf Landesebene mit den verschiedenen Ministerien gegenseitig. Gibt ein Standort genügend Windenergie her, dann soll man die Anlage auch bauen.

  • Wie sollen Ausbauziele von PV und Windrädern zukünftig festgelegt werden?

Im Neubau haben wir die PV Pflicht, wir stellen Randstreifen an Autobahnen für PV zur Verfügung, wir hoffen auf eine Rücknahme des Deckels auf Bundesebene, so dass größere PV-Anlagen genehmigt werden können. Im Landkreis gibt es Geld für PV Fläche auf eigenen Gebäuden, bei Geldmangel können die Flächen auch an Investoren vermietet werden. Auch in Singen wollen wir öffentliche Gebäudeflächen mit PV-Anlagen belegen oder die Flächen vermieten.

 

 

Abfall, Konsumverhalten und Ernährung

  • Welche Maßnahmen unterstützen Sie, den bewussten Umgang mit Nahrungsmitteln und Gütern zu fördern? (Bildung zum Umgang mit MHD, Förderung der Tafeln und des Recyclings.)

im privaten und beruflichen Bereich mache ich das Thema zum Gegenstand des Unterrichts in der Schule-Mit dem Lernort Bauernhof haben wir auch gute Angebote in Kindergarten und Grundschule.
Es gibt Gespräche mit der Gastronomie und in Singen ist die Tafel gut etabliert. Ich befürworte eine Ampel für Fleisch – ich möchte einen informierten Verbraucher In der Schule beobachte ich ein höheres Bewusstsein für Regionalität und Ökologie. Konsumentenbildung geschieht darüber hinaus durch Erziehung und Erkundungen vor Ort z.B. in Schlachthöfen, Mastbetrieben.

Im Bereich der Konsumgüter liegt die Zuständigkeit in der Bundespolitik nicht in der Landespolitik (z.B. längere Garantiezeiten, Reparaturfähigkeit).

  • Welche Maßnahmen unterstützen Sie, die Bevölkerung zu einem bewussteren Umgang mit Milch und Fleisch zu bewegen? (Förderung der vegetarischen/veganen Ernährung). Welche Ideen haben Sie dazu? (Bewußtseinsbildung)

In der Tierhaltung sollte es Qualitätsstandards geben. Allgemein sollte es Anreize für die ökologische Landwirtschaft geben. Statt einer Förderung nach Fläche sollte der Förderschwerpunkt auf Verbraucherschutz und Gemeinwohl liegen

Land- und Forstwirtschaft

  • Wie soll eine Land- und Forstwirtschaft gefördert werden, die ökologisch positive Wirkungen zeigt? (Biodiversitätsverlust, Pestizide, Gülle/Düngung, Nitrat, Phosphat, Waldflächen müssen zu artenreichen Mischwäldern werden, Trockenlegung von Mooren muss beendet und geschädigte Moore renaturiert werden.)

Rückbau des industriellen Prinzips in der Landwirtschaft zugunsten der Ökologie. In der Forstwirtschaft sollte die Auswahl der Bäume nicht nur unter ökonomischen Aspekten erfolgen, sondern eine Auswahl unter ökologischen Gesichtspunkten. Wir brauchen einen Umbau der Wälder.

Die SPD fordert 40% mehr ökologische Landwirtschaft in Baden-Württemberg, mit einer Förderung, die an ökologische Maßnahmen gekoppelt ist. In der Vergangenheit war die Förderung der Energiewirte zu umfangreich, so dass die Anlagen zu groß dimensioniert wurden.

  • Halten Sie die Eindämmung des Flächenverbrauchs für wichtig? Wenn ja, wie wollen Sie das erreichen?

Die Eindämmung des Flächenverbrauchs Ist wichtig. Maßnahmen sind: die Innenstadtverdichtung. In der Vergangenheit wurden auch Fehler in den Gewerbegebieten gemacht, indem einstöckige Industriegebäude mit großen Parkplätzen gebaut wurden, diese sind kein Zukunftsmodell. Eine Maßnahme ist die Förderung unterirdischer Parkflächen bei der Stadtentwicklung.

Wirtschaft

  • Bis wann und auf welchem Wege sollen Unternehmen in BW klimaneutral werden? Welche Vorschläge haben Sie dazu, dies zu realisieren?

Die SPD hat keine Zeitvorgabe im Parteiprogramm. Wir haben ein Förderprogramm Dekarbonisierung. Wir möchten die Forschung unterstützen. Die Geschwindigkeit ist aber nicht vorhersehbar.

Wir müssen mutiger werden. wir haben 20 Jahre gebraucht, um in Singen an die oberirdischen Parkplätze heranzugehen. Ich möchte mich für mehr Mut einsetzen.

  • Welche Pläne haben Sie, Nachhaltigkeitskriterien bei Investitionen und Beschaffungsvorhaben der öffentlichen Hand anzuwenden? (z.B. Emissionsfreiheit, Kreislauffähigkeit).

CO2- Anteil sollte ein Entscheidungskriterium werden. In anderen Bereichen haben wir in Singen schon solche Kriterien z.B. keine Kinderarbeit Grabsteinen oder eine Zertifizierung bei Kleidung z.B. bei der Feuerwehr.