Die Informationsunterlage für die Stadträte befindet sich als PDF mit Lesezeichen im Anhang dieses Artikels.
Faktenpräsentation für Chemnitzer Stadträte am 3.2.2020 vor der Klimanotstandsentscheidung
Chemnitz | 03.02.20120
Der Chemnitzer Stadtrat entscheidet am 5.2.2020 über eine Klimanotstandspetition unserer Chemnitzer Klimanotstandsgruppe, die natürlich die Chemnitzer Fridays- und Parents for Future Ortsgruppen unterstützen.
Wir Parents haben uns entschlossen, den Stadträten kurz vor der Ratsentscheidung über den Klimanotstand diese Informationsveranstaltung anzubieten, denn es wurde auf einer ähnlichen Veranstaltung am 9.1. im Umweltzentrum deutlich, dass nur über den Begriff, nicht jedoch über die wirklich wichtigen Themen gesprochen wurde.
Ziel der Veranstaltung ist es, über den Klimawandel und verschiedene ökologische Notstände in Chemnitz zu informieren. Die Stadträte sollen die Entscheidung über den Klimanotstand so faktenbasiert wie möglich treffen.
Wir wollen auch zeigen, dass es eine Chance ist, den Klimanotstand anzuerkennen, und keine Bürde.
Bezeichnend ist die Patt-Situation im Chemnitzer Klimaausschuss am 29.1.2020: 6 Stadträte stimmten gegen den Klimanotstand, die anderen 6 waren dafür.
Bürgermeister Mirko Runkel empfahl den Stadträten ebenfalls, nicht für den Klimanotstand zu stimmen mit der sinngemäßen Begründung, dass "die Stadt seit 12 Jahren mehr als genug fürs Klima tue, dafür ausgezeichnet worden sei, und der Eindruck erweckt würde, mit Klimanotstand hätte man Nachholebedarf".
Diesen Nachholebedarf gibt es - wir werden ihn in der Veranstaltung aufzeigen. Der gravierendste Nachholebedarf ist:
- Das 2030er CO2-Ziel der Stadt, für die sie seit 2010 regelmäßig mit dem "European Energy Award" (EEA) im Kontext "Klimanetzwerk" ausgezeichnet wurde, liegt bei 5.85 t CO2 / Einwohner / a. Ausgangspunkt ist eine Halbierung der Emissionen von 1990 von 11,7 t um die Hälfte bis 2030.
- Nach "neueren" erdsystemischen Erkenntnissen des IPCC von 2014 und dem Pariser Klimaabkommen von 2015, die nach Start des Auditprozesses um den EEA-Award 2010 bekannt wurden, muss die Stadt ihre CO2-Emissionen auf 4,4 t CO2 / Einwohner / a reduzieren. Ausgangspunkt sind die Chemnitzer Emissionen von 2010 mit ca. 8 t CO2 / Einwohner /a, die bis 2030 um 45% auf 4,4 t reduziert werden müssen.
- Es ist davon auszugehen, dass die Emissionen auf weit unter 4,4 t in 2030 zu reduzieren sind, da nach Angaben des sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie im Jahr 2019 Durchschnittstemparaturen herrschten, die erst 2050 zu erwarten gewesen wären - der Klimawandel geht also schneller vonstatten als in Modellen vorhergesagt.
Bei den politischen Entscheidungsträgern der Stadt scheint das nicht bekannt zu sein - jedoch steht das sinngemäß und verklausuliert im 5. Klimaschutzbericht der Stadt Chemnitz, Jan. 2019 S. 57ff. Tenor: "Das 1,5 Grad Ziel von Paris ist mit den aktuellen Maßnahmen nur schwer abbildbar".
Aktuell stagnieren die Chemnitzer CO2-Emissionen seit Jahren bei rund 6,6 t CO2 / Einwohner / a, mit leicht fallender Tendenz, bei stagnierendem Energieverbrauch von 3.200 GWh / a, keinem Zubau an Windkraft und Fotovoltaik und der Haltung, "dass man nun mal Autostadt sei und daran wenig ändern könne". Eine der Ursachen des letzteren Befundes ist sicher auch die fehlende IC/ICE-Anbindung unserer Viertelmillionenstadt.
Dabei ist der Klimanotstand eine Chance, langfristige Maßnahmen wie ambitioniertere CO2-Reduktion und Erhalt der Biodiversität zu koppeln mit
- Vorsorgemaßnahmen wie "Was tun wir in Katastrophenfällen wie Großbränden, einer Borkenkäferepidemie oder dem Trockefallen von Gewässern und Talsperren" und
- Sofortmaßnahmen wie der extrem aufwändig gewordenen Baumpflege bei Neuanpflanzungen.
Gerade im Bereich Unterstützung durch Freiwillige in der Bevölkerung kann der Klimanotstand eine Initialzündung sein.
Zudem würde Klimantostand im Kontext der Kulturhauptstadtbewerbung signalisieren, dass Chemnitz auch den Teil der Kultur proaktiv und unverzüglich umgestaltet, der die NATUR zerstört.
Die Dringlichkeit der Fernzuganbindung von Chemnitz würde mit dem Klimanotstand unterstrichen.
Kurzum:
- Klimanotstand ist eine Chance
- Chemnitz muss die Emissionen von jetzt 6,6 t CO2 / Einwohner / a nicht auf 5,85 t in 2030 reduzieren, sondern auf mindestens 4,4 t oder weniger. Die Stadt wird also momentan unter falschen bzw. veralteten klimapolitischen Zielstellungen regiert.
Agenda der Faktenpräsentation am 3.2.2020:
- 15:30 Start mit Infoblock Parents for Future: Klimanotstand, Klimawandel, Chemnitzer CO2 Situation, Bürgerwünsche, Sächsischer Klimawandel, Beispiele für Chemnitzer Notstände und Fazit
- Infoblock eines Ökologie-Experten
- Möglichkeit für Diskussion
- 16:30: Ökologischer Stadtspaziergang zum Rathaus, geführt durch einen Parent
Nach dem ökologischen Stadtspaziergang werden die Stadträte pünktlich 17:00 bei ihren Fraktionssitzungen sein.