Kippelemente im Klimasystem – Spiel auf Risiko

Kippelemente im Klimasystem – Spiel auf Risiko

von Jakob Schluttig (OG Lindau)

In Teil 1 unserer Reihe „Klimawissen“ wurde der Treibhauseffekt erklärt. Lange Zeit betrachtete die Forschung den Wandel des Weltklimas als alleinige Folge dieses Effektes: Mehr Treibhausgas führt zu mehr Wärme. Jedoch kann diese Erwärmung Auswirkungen haben, die zu zusätzlichen klimatischen Veränderungen führen. Atmosphäre, Ozeane, Strömungen, Pflanzen- und Tierwelt befinden sich in einem Gleichgewicht. Der Klimawandel stört dieses Gleichgewicht und kann einzelne Teile davon in einen neuen Zustand versetzen. Diese Teile werden aus diesem Grund als „Kippelemente“ bezeichnet, da sie sich bei Erreichen eines „Kipppunktes“ (bspw. eines bestimmten Temperaturniveaus) grundlegend ändern – für den Menschen nicht kontrollierbar, und teilweise unumkehrbar.

Ein Beispiel ist das Auftauen des Permafrostbodens. Dadurch würden große Mengen des Treibhausgases Methan freigesetzt. In der Folge stiege die Temperatur noch schneller an – ein Teufelskreis. Ein anderer solcher Effekt ist das Abschmelzen des arktischen Meereises. Die immer kleinere weiße Fläche verringert die Menge an reflektierter Sonnenstrahlung. Dadurch erwärmt sich das Wasser zusätzlich, was wiederum zu einem schnelleren Verschwinden des verbleibenden Eises führt – die sogenannte Eis-Albedo-Rückkopplung.

Inzwischen gehen Forscher davon aus, dass sehr viele Wechselwirkungen der Kippelemente untereinander existieren. Deshalb ist zu befürchten, dass das Erreichen eines Kipppunktes zur Auslösung einer ganzen Kaskade von Kippelementen führen könnte – wie bei kippenden Dominosteinen, von denen immer ein Stein den nächsten umstößt. Bei welcher Erwärmung ein Kipppunkt liegt und welche Auswirkung ein Kippelement auf das Klima hat, ist sehr schwierig vorherzusagen. In Klimamodellen werden sie deshalb bisher nicht oder nur sehr grob betrachtet. Trotzdem ist die Sorge vor Kaskaden von Kippelementen ein wichtiges Argument für die Begrenzung der Erderwärmung auf ein Minimum. Denn nach aktuellem Stand der Wissenschaft ist bereits bei der aktuellen Erwärmung um 1,2°C über dem vorindustriellen Niveau das Risiko des Erreichens von Kipppunkten „moderat“ – und steigt mit jedem Zehntel Grad weiter.

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